Sonntag, 2. August 2020

Unter Gottes Schutz


Moin zusammen

Sommerzeit, Vertretungszeit.

Heute durfte ich in Unterbarmen-Süd Pfarrer Seim vertreten. Auch in dieser Gemeinde hat Corona für eine neue Form des Gottesdienstes gesorgt.

Auch wenn das auf Abstand sitzen und nicht singen dürfen immer noch gewöhnungsbedürftig (aber richtig) ist, dem Charakter des Gottesdienstes hat es nicht geschadet. Wir durften wunderbarer Musik von Leon lauschen und gemeinsam Gott die Ehre geben.

Die Predigt hatte Psalm 121 als Grundlage.

Vielleicht wollt ihr sie ja nachlesen. Hier auf dem Blog oder auf der Gemeindehomepage der Kirchengemeinde Unterbarmen-Süd.

Bleibt gesund und behütet
Fröhliche Grüße
Bernd


Lieber Vater, schenk uns ein Herz für dein Wort und dein Wort für unser Herz. Amen 

Liebe Gemeinde,

bis vor zwei Wochen war ich noch im Urlaub. Der erste dieses Jahr. Eigentlich wollte ich ja schon vor Ostern im wunderschönen Oberallgäu sein, aber wir wissen ja alle, was damals dazwischen kam. Vielen wird es wie mir und meiner lieben Frau gegangen sein. An Urlaub in Obermaiselstein oder anderen Lieblingsorten war nicht zu denken. Wer, wie ich, das Glück hat, einen eigenen Garten zu haben, der hat sich dort niedergelassen. Ich habe noch nie so früh im Jahr soviel Gartenarbeit erledigt. Und der Holzvorrat für den Kamin ist mittlerweile auch für die nächsten Winter gespalten und gestapelt. Bei gutem Wetter lag ich in meiner Hängematte und habe gelesen. Reisebeschreibungen oder Krimis, je nach Lust und Laune. Manche Menschen werden  vielleicht eher in ihrer Wohnung mit oder ohne Balkon gesessen und frische Luft und andere Gedanken in den wunderschönen Wuppertalern Parks gesucht haben. Wieder andere litten und leiden unter beengten Wohnverhältnissen. Von meiner Frau, die Grundschullehrerin ist, weiß ich, wie schwierig die Zeit für manche Familien in beengten Wohnungen gewesen ist. 

Uns allen gemeinsam ist aber hoffentlich die Sehnsucht nach Gottes Wort. Ich habe uns einen Psalm mitgebracht, der für mich gut in diese Gemengelage von Urlaub, Corona und Alltag hineinpasst.

Psalm 121. Ich lese die Neue Genfer Übersetzung.  

1 Ein Wallfahrtslied, gesungen auf dem Weg hinauf nach Jerusalem.

Ich richte meinen Blick empor zu den Bergen – woher wird Hilfe für mich kommen?

2 Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde geschaffen hat.

3 Er bewahrt deine Füße vor dem Stolpern; er, dein Beschützer, schläft niemals.

4 Ja, der Beschützer Israels schläft und schlummert nicht!

5 Der Herr behütet dich, der Herr spendet dir Schatten und steht dir bei,

6 damit dich am Tag die Sonne nicht sticht und in der Nacht der Mond dir nicht schadet.

7 Der Herr wird dich behüten vor jedem Unheil, er bewahrt dein Leben.

8 Der Herr behütet dich, wenn du gehst und wenn du kommst – jetzt und für alle Zeit. 

Wie so oft habe ich uns drei Gedanken dazu mitgebracht.

1. Berge 

„Ich richte meinen Blick empor zu den Bergen“

Im Urlaub genieße ich das; aus der Ferienwohnung auf die Berge schauen. Sonnenkopf, Heidelbeerkopf, Schnippenkopf, Entschenkopf, Nebelhorn, Rubihorn. Ich könnte noch viel mehr Berge aufzählen, auf die mein Blick fällt. Eine Sehnsucht befällt mich, wenn ich nur an sie denke. Und obwohl ich so viele davon schon erwandert habe freue ich mich jedes Mal neu sie zu sehen und nochmals zu erklimmen.

Ein freudiger Blick ist das empor zu diesen Bergen.

Doch einer dieser Berge lässt mich innehalten. Der Entschenkopf. Zweimal wollte ich auf seinen Gipfel, zweimal bin ich umgekehrt. Einmal sogar nur 50 Höhenmeter vom Gipfel entfernt. Aber mir war es nicht geheuer alleine durch eine Nebelwand zu schreiten. Vielleicht den Weg nicht mehr zu finden, einen falschen Schritt zumachen. 

Für mich ist das symbolhaft für Begebenheiten in meinem Leben. Manchmal stand und stehe ich noch vor einem Berg von Schwierigkeiten, von Herausforderungen, wie man heute sagt. Ich versuche diese anzugehen. Will mich aussprechen mit jemandem, will mein Verhalten ändern, will mehr Jesus nachfolgen. Aber immer dann, wenn ich denke, jetzt habe ich es geschafft, fehlen mir oft die letzten entscheidenden Schritte, falle ich doch zurück in meine alten Verhaltensmuster. Dann richte ich meinen Blick empor zu den Problemen und komme mir so klein und unbeholfen vor.

Dabei weiß ich doch von dem Blick auf die Berge, das da genug sind, die ich bezwungen habe. Die mir trotz aller Anstrengung Freude bereitet haben. Das Rubihorn zum Beispiel. Zum ersten Mal mit meinen Kindern da oben sein. Im zarten Alter von vier und fünf waren die beiden. Das erste Mal auf so einem hohen Berg. Wird das gut gehen habe ich mich gefragt. Und es gab einen kurzen Moment, wo ich entscheiden musste gehen wir weiter oder kehren wir um. Nach sorgfältiger Abwägung habe ich für uns beschlossen weiter zu gehen. Und es war gut so. Noch heute erzählen wir gerne davon in der Familie.

Auch das ist symbolhaft für manche meiner Lebenssituationen. Entscheidungen treffen. So anstrengend das manchmal sein kann. Welche Ausbildung möchte ich machen? Ist es richtig, die Arbeitsstelle zu wechseln? Möchte ich mit dieser Frau das ganze Leben gestalten? Möchte ich Kinder in dieser Welt bekommen? Vielleicht habe ich nicht immer die richtige Entscheidung getroffen. Zumindest was die Ausbildung anbelangt könnte ich das heute hinterfragen. Aber ich bin nicht unglücklich dadurch geworden, ich bin nicht abgestürzt. Und dafür bin ich dankbar. 

Berge – auch im Leben - haben immer viel zu bieten. Mal ist es besser sie zu meiden, zurückzugehen, mal werden sie bezwungen und das damit verbundene Glücksgefühl ist fantastisch. Auf der Schwarzwasserhütte hängt ein Holzstück mit folgendem Text: „Sich selbst bezwingen – schönster Gipfelsieg!“ Das ist es. Seine eigenen Grenzen überwinden, auch wenn damit manchmal schmerzhafte  Erfahrungen von Nöten sind.

Gut das ich da nicht alleine bin. Das ich fragen darf woher wird Hilfe für mich kommen? Und noch besser, das es eine Antwort darauf gibt. 

Daher der zweite Gedanke

2. Hilfe 

„Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde geschaffen hat“.

Ist das nicht eine gute Nachricht? Meine Frage nach Hilfe bleibt nicht unbeantwortet.

Da stehe ich also vor den Bergen meines Lebens. Und weil ich manche Entscheidungen vor mir her schiebe, aus Angst vor den Konsequenzen oder einfach nur, weil ich mich nicht aufraffen kann, suche ich unwillkürlich nach jemanden, der mir bei der Entscheidungsfindung hilft.

Ich rede mit meiner Frau, mit Freunden. Wäge ab, gehe Alternativen durch. Und letztlich fehlt dann vielleicht doch die Konsequenz.

Meistens ist das ja der Moment, wo ich nach Gott frage. Da wo ich als Mensch nicht mehr weiter komme, da soll Gott einspringen und alles gut machen. Der Wallfahrer nach Jerusalem erlebt das auch. Und findet für sich heraus, dass der Herr, der Himmel und Erde geschaffen hat, Hilfestellung leistet. Nicht nur findet er es für sich heraus, er spricht es sogar aus, er teilt es allen Menschen mit. Er beschreibt, wie Gott uns vorm Stolpern, vorm Absturz bewahrt. Er beschreibt, dass das zu jeder Tages- und Nachtzeit geschieht. Gott schläft nie. 

Ich bin dem Wallfahrer dankbar, dass er mir Mut macht, auf die Hilfe Gottes zu vertrauen. Bis vor kurzem habe ich ein Armband mit den Buchstaben WWJD getragen. Jetzt ist es kaputt gegangen. Aber die Buchstaben begleiten mich weiter. WWJD. What would Jesus do. Was würde Jesus tun.

Eine Fragestellung, die mich anspricht. Meine Entscheidungen darauf ausrichten, was Jesus an meiner Stelle täte. Mich hinterfragen lassen. Mir fällt ein Hauskreisabend ein. Während der Coronazeit haben wir uns per Skype getroffen und immer einen Text aus der ‚Zwischenmahlzeit’ von Klaus-Jürgen Diehl gelesen und diskutiert. Da ging es um Hebr. 10, 35 „Darum werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat“. Im  Vertrauen auf Jesus, auf Gott unseren Schöpfer, will ich Entscheidungen treffen. Ich will keine Angst haben, das Vertrauen nicht irgendwo im Keller abstellen und langsam aber sicher vergessen. Ich darf mir sicher sein dabei immer gut beschützt und behütet zu sein.

Ein dritter Gedanke ist der 

3. Schutz

„Ja, der Beschützer Israels schläft und schlummert nicht!“

Schattenspender, Lebenbewahrer, Allzeitbehüter. 

Aus diesem Psalm, inspiriert durch diesen Wallfahrer, müssen die irischen Segenswünsche entstanden sein. Handfest, lebensbejahend, mitten aus dem Leben gegriffen, mit Blick auf die Ewigkeit.

Kann es Schöneres geben? Die Zusage, dass Gott immer an meiner Seite ist. Es geht hier nicht um Leistung, um Bewertung oder darum, alles richtig zu machen im Leben. Es geht um das Leben an sich. Es geht um mich. Um jede einzelne Kreatur. Ich, Du, wir sind alle gleich angesprochen von den Psalmworten.

Uns wird zugesagt, dass wir jederzeit unter Gottes Obhut sind. Wir werden nicht fallen gelassen. Selbst wenn wir Gott für einige Zeit verlassen wird er bei uns sein. Uns tragen, wie in dem berühmten Gedicht ‚Spuren im Sand’. Das ist Gottes Versprechen an uns. Seine Güte und seine Gnade für uns Menschen. 

Da schließt sich jetzt der Kreis. Urlaub, Corona, Alltag. Lasst uns das alles annehmen. Annehmen aus Gottes Hand. Welche Herausforderungen auch auf uns warten, mit seinem Angebot der Hilfe und des Schutzes werden wir alle Hürden nehmen, wie David es in Psalm 18 feststellt: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.“

Und so vertrauen wir darauf, dass unser Leben wieder in geregelte Bahnen kommt. Trotz Corona, trotz privater Schwierigkeiten, trotz gesellschaftlicher Veränderungen. 

Vielleicht aber braucht unser Leben gar nicht mehr in geregelte Bahnen kommen, vielleicht spiegelt sich schon lange Gottes Schutz auf all unseren Wegen. Dann freuen wir uns über das Vertrauen, das wir geschenkt bekommen haben und gerne an andere Menschen weitergeben dürfen. Damit alle mit Gott durchs Leben gehen können.

Amen 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unseren Herrn.

Sonntag, 10. Mai 2020

Die Einweihung des Tempels

Moin zusammen

nach langer Zeit hat meine Heimatgemeinde angefragt, ob ich mal wieder predigen möchte. Dem komme ich gerne nach. Dabei hat die Coronazeit so einiges verändert. Wir feiern Gottesdienst derzeit nicht in Gemeinschaft im Gottesdienstraum. Stattdessen feiern wir gemeinsam vor den Monitoren und Fernsehern.

Es war eine spannende Erfahrung, den Gottesdienst vorab aufzuzeichnen. Tatsächlich kam sogar Gottesdienststimmung auf, was ich sehr schön fand. Zwei Musikerinnen und ein Musiker, Liturg und Prediger, dazu zwei Techniker - mehr waren nicht anwesend. Es wurde alles an einem Stück aufgenommen ubnd auch nicht korrigiert. Live halt - finde ich auch viel besser, als wenn nachträglich noch alles Mögliche wiederholt würde, um es perfekter werden zu lassen.

Nachsehen und mitfeiern könnt ihr den Gottesdienst unter https://www.youtube.com/watch?v=eeEGDtYI468

Nachlesen natürlich im Anschluß.

Bleibt gesund und behütet
Fröhliche Grüße
Bernd




Lieber Vater, schenk uns ein Herz für dein Wort und dein Wort für unser Herz. Amen



Liebe Gemeinde,



Online-Gottesdienst. Immer noch. Aber ganz ehrlich, ein Gottesdienst mit Abstand, ohne Singen? Dann doch lieber so. Zu Hause mittendrin und dabei.



Mittendrin wäre ich auch gestern gewesen. Zusammen mit Freunden auf Schalke - so hatte ich mir das zumindest vorgestellt, als ich mit der Predigtvorbereitung begann. Das letzte Bundesligaheimspiel der Saison. Der Verein hätte gerufen und wir wären angereist. 62.000 Menschen. Alle in Feierlaune. Ist die Saison doch besser gelaufen, als die letzte es versprochen hat. Mit etwas Glück wäre vielleicht sogar ein Tabellenplatz für einen internationalen Wettbewerb herausgesprungen. Auf jeden Fall hätten wir mit vielen anderen Schalkern unsere Schals und Fahnen geschwenkt, inbrünstig das ‚Steigerlied’ und ‚Blau und Weiß’ intoniert. Ein Fest wäre es geworden.



Aber kein Gottesdienst, keine religiöse Feier, wie viele es manche manchmal mit Fußball in Verbindung bringen. Auch wenn es tatsächlich Menschen gibt, die im Fußballverein die Religion sehen, ‚An Gott kommt keiner vorbei - außer Stan Libuda’, wie es mal auf einem Plakat in den 60er Jahren gestanden haben soll, das auf eine Evangelisation von Werner Heukelbach hinwies. Tja. Das wäre so schön gewesen. Wenn nicht der Virus dazwischen gekommen wäre. Unser Alltag, unsere Gewohnheiten, alles von heute auf morgen auf den Kopf gestellt.



Der Predigttext für heute spielt in Israel um ca. 950 vor Christus. Auch dort kommen viele Menschen zusammen. Aber Erlaubterweise. Ohne Einschränkungen durch einen Virus. Und es geht tatsächlich um Glaube und Religion und nicht die für manche schönste Nebensache der Welt. Der Text steht in 2. Chronik 5,2–5(6–11)12–14.



Einweihung des Tempels



2 Salomo rief die führenden Männer von Israel, alle Stammes- und Sippenoberhäupter, nach Jerusalem. Sie sollten dabei sein, wenn die Bundeslade des HERRN aus der »Stadt Davids«, dem Stadtteil Jerusalems auf dem Berg Zion, zum Tempel gebracht wurde.

3 Und so kamen im 7. Monat des Jahres alle männlichen Israeliten in Jerusalem zusammen. In diesem Monat wurde auch das Laubhüttenfest gefeiert.

4 Als alle versammelt waren, hoben die Leviten die Bundeslade hoch

5 und trugen sie hinauf zum Tempel. Zusammen mit den Priestern brachten sie auch das heilige Zelt hinauf, mit all seinen geweihten Gegenständen.

6 König Salomo und die ganze Gemeinschaft der Israeliten, die zu diesem Fest gekommen waren, hatten sich bei der Bundeslade versammelt. Sie opferten so viele Schafe und Rinder, dass man sie nicht mehr zählen konnte.

7 Die Priester brachten die Bundeslade an den vorgesehenen Platz in den hinteren Raum des Tempels. Dort im Allerheiligsten stellten sie die Bundeslade unter die beiden Keruben.

8 Deren ausgebreitete Flügel beschirmten nun die Bundeslade samt ihren Tragstangen.

9 Die beiden Stangen waren so lang, dass man sie vom Heiligtum aus sehen konnte, wenn man direkt vor dem Allerheiligsten stand. Doch vom Vorhof aus sah man sie nicht. Noch heute befindet sich die Bundeslade an diesem Ort.

10 Damals lagen nur die beiden Steintafeln darin, die Mose am Berg Horeb hineingelegt hatte, als der HERR mit den Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten einen Bund schloss.

11 Alle Priester, die zur Einweihung des Tempels gekommen waren, hatten sich für das Fest gereinigt, auch wenn ihre Abteilung in diesen Tagen keinen Tempeldienst hatte.

12 Auch die Sänger der Leviten waren gekommen: die Leiter Asaf, Heman und Jedutun mit ihren Söhnen und Verwandten. Sie trugen Gewänder aus feinem weißen Leinen und standen mit Zimbeln, Harfen und Lauten an der Ostseite des Altars. Bei ihnen hatten sich 120 Priester aufgestellt, die auf Trompeten spielten.

13 Zusammen stimmten die Sänger und Musiker ein Loblied für den HERRN an. Begleitet von Trompeten, Zimbeln und anderen Instrumenten sangen sie das Lied: »Der HERR ist gütig, seine Gnade hört niemals auf!« Während sie sangen, verließen die Priester wieder den Tempel, und es kam eine Wolke auf ihn herab.

14 Die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das ganze Haus, so dass die Priester es nicht mehr betreten konnten, um ihren Dienst darin zu verrichten.



Fünf kurze Gedanken dazu



Erster Gedanke

Laubhüttenfest - Sukkot. Es findet statt im September oder Oktober, dem Monat Tischri des jüdischen Kalenders. Sukkot  ist das dritte große Fest der Israeliten. Und es soll ein Freudenfest sein. Ein Dankesfest. Ein Erinnerungsfest. Drei in eins.



Vom Ursprung her ein Erntedankfest, wie es in 2. Mo 23 steht: 16 Und du sollst halten das Fest der Ernte, der Erstlinge deiner Früchte, die du auf dem Felde gesät hast, und das Fest der Lese am Ausgang des Jahres, wenn du den Ertrag deiner Arbeit eingesammelt hast vom Felde. 17 Dreimal im Jahre soll erscheinen vor dem HERRN, dem Herrscher, alles, was männlich ist unter dir.



In 3. Mo 23 wird dazu verdeutlicht, das in ihm Dank, Freude und Erinnerung enthalten sind:  „39 Am fünfzehnten Tage des siebenten Monats, wenn ihr die Früchte des Landes einbringt, sollt ihr ein Fest des HERRN halten sieben Tage lang. Am ersten Tage ist Ruhetag und am achten Tage ist auch Ruhetag. 40 Ihr sollt am ersten Tage Früchte nehmen von schönen Bäumen, Palmwedel und Zweige von Laubbäumen und Bachweiden und sieben Tage fröhlich sein vor dem HERRN, eurem Gott, 41 und sollt das Fest dem HERRN halten jährlich sieben Tage lang. Das soll eine ewige Ordnung sein bei euren Nachkommen, dass sie im siebenten Monat so feiern. 42 Sieben Tage sollt ihr in Laubhütten wohnen. Wer einheimisch ist in Israel, soll in Laubhütten wohnen, 43 dass eure Nachkommen wissen, wie ich die Israeliten habe in Hütten wohnen lassen, als ich sie aus Ägyptenland führte. Ich bin der HERR, euer Gott.“



Sukka ist dabei die Hütte im Freien. Mit einem Dach aus Ästen, Zweigen und Laub. Sukka ist die Unterkunft der Israeliten, als sie noch als Wüstenvolk unterwegs waren und keine Ernte einfahren konnten.  Diese Hütte wird am Laubhüttenfest von vielen Juden errichtet. In ihrem Garten, auf ihren Balkonen, in den Innenhöfen. Sie verbringen oft einen Teil ihres Tages darin, nehmen Mahlzeiten dort ein. Manche leben auch die ganze Zeit darin.



Die Sukka ist geschmückt mit Palmzweigen (Lulaw), Zitrusfrüchten (Etrog), Myrte (Hadasim) und Bachweiden (Arawoth). Diese vier Arten stehen stellvertretend für die israelitische Vegetation. Tropische Palmen und Datteln, kultiviertes Obst, Heilkräuter und Feuerholz. Sie sind der Feststrauß. Der wird beim Singen der Dankpsalmen in alle Himmelsrichtungen geschwenkt wird und so die Dankbarkeit gegenüber Gott zum Ausdruck gebracht.



„Rabbi Jochanan sagte [dazu]: Man schwenkt den Lulaw zur Ehre Gottes hin und her, denn Gott gehören die vier Himmelsrichtungen; man hält ihn zur Ehre Gottes nach oben und unten, denn Gott gehört der Himmel und die Erde. (Sukah 376)

Wie die Zitrusfrucht sowohl Geschmack hat als auch einen lieblichen Geruch, so gibt es in Israel Menschen, die sowohl gelehrt sind als auch ihren Glauben leben.

Wie die Früchte des Palmzweigs zwar Geschmack haben, aber geruchlos sind, so gibt es in Israel Menschen, die zwar gelehrt sind, aber ihren Glauben nicht leben.

Wie die Myrtenzweige zwar einen lieblichen Geruch haben, aber ungenießbar sind, so gibt es Menschen, die gute Werke tun, aber keinerlei Gelehrsamkeit besitzen.

Wie die Weidenzweige weder eßbar sind noch einen angenehmen Geruch verbreiten, so gibt es Menschen, die weder gelehrt sind noch gute Werke tun.

Gott - die Heiligkeit Gottes sei gepriesen - sagt: Damit Israel nicht untergeht, laßt sie alle zusammengebunden sein, wie die Pflanzen zu einem Bund zusammengebunden sind, so daß die Gerechten unter ihnen für die anderen Sühne bewirken.


Das Dach der Sukka ist lückenhaft, so dass der Himmel gesehen werden kann. Damit soll das Vertrauen zu Gott gefestigt werden. Er ist es, der, trotz aller Widerstände, sein Volk aus Ägypten geführt hat.  Er ist es, der, trotz aller Abwendung von ihm, immer an seinem Volk festgehalten hat. Er ist „der HERR, dein Gott, der deine rechte Hand fasst und zu dir spricht: Fürchte dich nicht, ich helfe dir!“ (Jes 41, 13).



Zweiter Gedanke

Der Tempel. Er steht am Ende einer langen Entwicklung. Am Berg Sinai soll Mose die zehn Gebote empfangen. Danach gibt es die Anweisungen für die Stiftshütte, für die Bundeslade, für den Tisch mit den Schaubroten und für den Leuchter. Genauestens wird beschrieben, wie alles zu bauen und zu nutzen ist. Ab 2. Mose 25 ist das alles nachzulesen.



Gott will Wohnung nehmen unter den Menschen. Und nach den vielen Jahren der Wüstenwanderung, den immer neuen Plätzen und Orten, an denen nur verlässlich blieb, dass Gott tagsüber in Gestalt einer Wolke und nachts als Feuerschein voranging, ist es nun soweit. Unter Salomon wird der Tempel in Jerusalem erbaut. Die Zeit der Wanderschaft ist vorbei. Hier in Jerusalem, der Stadt, die keinem der zwölf Stämme Israel gehörte, die erst David zur Hauptstadt seines Großreiches gemacht hat, wird der religiöse Mittelpunkt der Israeliten errichtet. Zum ersten Mal haben die Israeliten einen Tempel, zu dem sie jederzeit pilgern können. Auch wenn ihnen bewusst gewesen sein wird, dass Gott nicht leibhaftig in diesem Gebäude wohnt, so hatten sie endlich einen besonderen Ort für die Begegnung mit ihm.



Und dieser Tempel ist gebaut auf dem Berg Zion. Zion, von dem es in Psalm 9,12 heißt „Lobet den HERRN, der zu Zion wohnt“. Hier ist der Grundstein der Schöpfung wie es in Jesaja 28,16 steht „Siehe, ich lege in Zion einen Grundstein, einen bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein, der fest gegründet ist. Wer glaubt, der flieht nicht.“ Und schließlich wird in Sach 9,9 versprochen „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“



Der Tempel als Wohnung Gottes unter den Menschen. In einer Stadt, die den Messias sehen wird und es daher uns Christen ermöglicht Wohnung bei Gott zu nehmen Joh 2, 14 In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn's nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten?“.

Und hierhin strömen also die Massen. Die Geladenen und die Ungeladenen. Auch wenn im Text nur von Männern die Rede ist, so ist davon auszugehen, das ganze Familien, Männer, Frauen, Kinder gemeinsam aufgebrochen sind, um der Tempeleinweihung zuzusehen. Angemessen, dass alle kommen und schauen. Denn alle sind von Gott eingeladen ihr Leben mit ihm zu teilen.



Dritter Gedanke

Die Bundeslade. Schon früh wurde sie beschrieben, eine genaue Bauanleitung hat Gott seinem Volk dazu gegeben. Aber es dauert noch bis die Israeliten die Weisung Gottes umsetzen. Als es aber soweit ist wird sie, wie die Stiftshütte und die anderen heiligen Gegenstände, zum Symbol von Gottes Begleitung. Jeglicher Tag wurde von ihr bestimmt. Pause und Weitergehen. Innehalten, zur Ruhe kommen, genauso wie Weitermachen und Vordenken. Ein Tagesablauf ohne sie wäre undenkbar gewesen.



Erst als die Israeliten im versprochenen Land ankommen verbleibt sie an einem Ort. Zunächst in Gilgal, dann in Schilo. Ulrike Offerberg bezeichnet das als „Akt der Reifung und Verantwortungsübernahme, denn die All-inclusive-Versorgung der Wüstenzeit mit Vollpension und Wegleitung endet mit der Jordanüberquerung…Nun ist es das Volk, das dem Heiligtum seinen Platz schaffen muss.“



Und diesen Platz schaffen sie. Gemeinschaftlich, wie Rabbi Or Ha Chaim sagt. Er „betont das Konzept der Arbeitsteilung und die gemeinsame Anstrengung Israels bei der Realisierung der ganzen Tora. Die Tora wurde nicht nur zur privaten Inspiration gegeben, sondern auch für das Gemeinwohl. Jeder hat seinen Teil zu erfüllen, gemäß seiner Kapazität und Rolle.“ (https://www.hagalil.com/judentum/torah/leibowitz/trumah.htm)
„Der Wechsel in der Formulierung von der zweiten Person Singular (also dem ‚Du’ )zur dritten Person Plural (also dem ‚sie’) illustriert, dass die Essenz der Tora nur von Israel als Gesamtheit erfüllt werden kann. Kein Einzelner kann alle Vorschriften der Tora ausführen. ... Aber, als Ganzes gesehen, kann das jüdische Volk die ganze Skala der jüdischen Gebote halten. Daher sagt die Tora "sie sollen machen".“



Vierter Gedanke

Kantate. Singt! Deshalb ist diese Perikope für heute ausgesucht. Wir haben den Sonntag Kantate.

Die VELKD (Vereinigte evangelisch-lutherische Kirche in Deutschland) schreibt dazu unter www.kirchenjahr-evangelisch.de „Der erleichterte Dank der Geretteten, das mächtige Loblied der Geschöpfe Gottes, das besänftigende Harfenspiel und der mutige Gesang, der Kerkermauern sprengt – sie alle vereinen sich zu einem vielstimmigen Lob Gottes. Dort, wo sein Name so besungen wird, dort ist Gott ganz nah. Kein Bereich des Lebens soll von diesem Lob ausgeschlossen sein, keiner ist zu gering für diese Musik. Je mehr unser Leben zum Gesang wird, desto stärker wird uns dieses Lied verändern zu liebevolleren und dankbaren Menschen.“



Diese Beschreibung kommt mir nahe. Gesang nicht allein stimmlich sondern lebensnah. Mit Höhen und Tiefen, mit Pausen und Wiederholungen. Schief gesungen oder perfekt den Ton getroffen.



Wobei das nicht so ganz dem entspricht, was Ulrike Offerberg, eine jüdische Auslegerin, dazu schreibt: „die doppelte Betonung [im hebräischen Originaltext] von ‚wie einer’ und ‚eine Stimme’ wird von mehreren Bibelkommentatoren so verstanden, das es sich um eine einstimmige Harmonieführung von Chor und Instrumenten zugleich handelte. Also nicht im sonst üblichen Wechselgesang von Vorsänger und Chören, sondern alle gemeinsam und einstimmig.



Rabbiner David Altschuler meint, dass sie das große Hallel (Ps. 136) sangen, und äußert erstaunt: Und keiner kam dem anderen zuvor. Angesichts der religiösen Begeisterung, die bei der Tempelweihe geherrscht haben muss, ist es tatsächlich ungewöhnlich, dass niemand versuchte, andere durch lauteren oder schnelleren Gesang zu übertrumpfen.“







Warum ist das so? Einstimmiges Singen, einstimmiges Gotteslob, weil auf die Einheit Gottes verwiesen werden soll? Oder vielleicht, weil das Volk als ein Körper mit einer Stimme singen/sprechen soll?

Ich kann es mir nur so erklären, dass an diesem besonderen Tag der Tempeleinweihung Gotteslob im Vordergrund stehen sollte. Das alles menschliche Denken und Handeln diesem einen Lob untergeordnet sein sollte. Einstimmig in das Lob Gottes einstimmen. Gemeinsam nur den einen, wahren Gott, neben dem es keine anderen Götter gibt, anzubeten.



Und sonst halte ich es mit Mirjam in 5. Mo 15,21 nachdem die Israeliten durch das Rote Meer gezogen waren: „Und Mirjam sang ihnen vor: Lasst uns dem HERRN singen, denn er ist hoch erhaben“. Hier soll und darf jeder singen. „Das eigene Lied des Gotteslobs finden. Nicht einfach nachsingen, was andere vorsingen, sondern nach dem eigenen Ausdruck suchen und darauf vertrauen, dass es verschiedene Zugänge zu Gott gibt.“ (Ulrike Offerberg). Kantate. Singt! Singt euer Lied auf dem Weg mit Gott.



Fünfter Gedanke

Wir Christen. Nun ist der Predigttext alttestamentarisch. Vielleicht fällt mir daher das Ein oder Andere etwas schwieriger zu verstehen. Ein bisschen habe ich in den vorhergehenden Gedanken versucht, das jüdische Denken anschaulich zu machen. Ich höre und lese ein sehr starkes Lebensgefühl daraus. Immer wieder wird von Herzlichkeit, Freudenfesten und Gemeinschaft berichtet. Da gibt es keine Anzeichen von Leibfeindlichkeit. Arbeiten und feiern gehört zusammen. Das Leben ist es wert, gelebt zu werden.



Rabbi Leibowitz beschreibt es treffend: „Das Gebot, in der Suka zu sein, erfüllen wir mit unserem Körper, mit unserem ganzen Körper und nur mit unserem Körper. Wir freuen uns an dieser Welt, sitzen beschaulich in unserer Hütte, die geschmückt ist mit dem Ergebnis unserer Ernte. Der Mensch ist kein rein geistiges Wesen. Wir müssen essen, um bestehen zu können. Einen Tag lang, am Jom Kipur [dem Versöhnungstag oder Tag der Sühne], können wir zwar versuchen, dies zu vergessen, aber sich nur auf das Geistige zu konzentrieren, widerspricht dem Judentum, «der prosaischen Religion des Alltags»“.




Vielleicht müssen wir Christen das noch lernen. Mehr lachen, damit die Welt auch sieht, dass wir tatsächlich eine frohe Botschaft zu verbreiten haben.



Vielleicht ist das gerade auch an Kantate die Botschaft für uns Christen: Singt! Singt euer Leben. Singt heraus, was euch umtreibt, was euch gefällt, was euch belastet. Singt über eure Wut, euer Unverständnis, eure Probleme im Leben. Und singt über die Freude, die Liebe, die Leichtigkeit des Lebens.

Und bei allem Singen denkt immer daran, das es nur einen gibt, der euch das Singen ermöglicht. Der, der da war, der da ist und der da kommt. Unser Herr und Schöpfer. Lob und Dank sei ihm.



Amen



Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unseren Herrn.