Moin zusammen
Sommerzeit, Vertretungszeit.
Heute durfte ich in Unterbarmen-Süd Pfarrer Seim vertreten. Auch in dieser Gemeinde hat Corona für eine neue Form des Gottesdienstes gesorgt.
Auch wenn das auf Abstand sitzen und nicht singen dürfen immer noch gewöhnungsbedürftig (aber richtig) ist, dem Charakter des Gottesdienstes hat es nicht geschadet. Wir durften wunderbarer Musik von Leon lauschen und gemeinsam Gott die Ehre geben.
Die Predigt hatte Psalm 121 als Grundlage.
Vielleicht wollt ihr sie ja nachlesen. Hier auf dem Blog oder auf der Gemeindehomepage der Kirchengemeinde Unterbarmen-Süd.
Bleibt gesund und behütet
Fröhliche Grüße
Bernd
Lieber Vater, schenk uns ein Herz für dein Wort und dein Wort für unser Herz. Amen
Liebe Gemeinde,
bis vor zwei Wochen war ich noch im Urlaub. Der erste dieses Jahr. Eigentlich wollte ich ja schon vor Ostern im wunderschönen Oberallgäu sein, aber wir wissen ja alle, was damals dazwischen kam. Vielen wird es wie mir und meiner lieben Frau gegangen sein. An Urlaub in Obermaiselstein oder anderen Lieblingsorten war nicht zu denken. Wer, wie ich, das Glück hat, einen eigenen Garten zu haben, der hat sich dort niedergelassen. Ich habe noch nie so früh im Jahr soviel Gartenarbeit erledigt. Und der Holzvorrat für den Kamin ist mittlerweile auch für die nächsten Winter gespalten und gestapelt. Bei gutem Wetter lag ich in meiner Hängematte und habe gelesen. Reisebeschreibungen oder Krimis, je nach Lust und Laune. Manche Menschen werden vielleicht eher in ihrer Wohnung mit oder ohne Balkon gesessen und frische Luft und andere Gedanken in den wunderschönen Wuppertalern Parks gesucht haben. Wieder andere litten und leiden unter beengten Wohnverhältnissen. Von meiner Frau, die Grundschullehrerin ist, weiß ich, wie schwierig die Zeit für manche Familien in beengten Wohnungen gewesen ist.
Uns allen gemeinsam ist aber hoffentlich die Sehnsucht nach Gottes Wort. Ich habe uns einen Psalm mitgebracht, der für mich gut in diese Gemengelage von Urlaub, Corona und Alltag hineinpasst.
Psalm 121. Ich lese die Neue Genfer Übersetzung.
1 Ein Wallfahrtslied, gesungen auf dem Weg hinauf nach Jerusalem.
Ich richte meinen Blick empor zu den Bergen – woher wird Hilfe für mich kommen?
2 Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde geschaffen hat.
3 Er bewahrt deine Füße vor dem Stolpern; er, dein Beschützer, schläft niemals.
4 Ja, der Beschützer Israels schläft und schlummert nicht!
5 Der Herr behütet dich, der Herr spendet dir Schatten und steht dir bei,
6 damit dich am Tag die Sonne nicht sticht und in der Nacht der Mond dir nicht schadet.
7 Der Herr wird dich behüten vor jedem Unheil, er bewahrt dein Leben.
8 Der Herr behütet dich, wenn du gehst und wenn du kommst – jetzt und für alle Zeit.
Wie so oft habe ich uns drei Gedanken dazu mitgebracht.
1. Berge
„Ich richte meinen Blick empor zu den Bergen“
Im Urlaub genieße ich das; aus der Ferienwohnung auf die Berge schauen. Sonnenkopf, Heidelbeerkopf, Schnippenkopf, Entschenkopf, Nebelhorn, Rubihorn. Ich könnte noch viel mehr Berge aufzählen, auf die mein Blick fällt. Eine Sehnsucht befällt mich, wenn ich nur an sie denke. Und obwohl ich so viele davon schon erwandert habe freue ich mich jedes Mal neu sie zu sehen und nochmals zu erklimmen.
Ein freudiger Blick ist das empor zu diesen Bergen.
Doch einer dieser Berge lässt mich innehalten. Der Entschenkopf. Zweimal wollte ich auf seinen Gipfel, zweimal bin ich umgekehrt. Einmal sogar nur 50 Höhenmeter vom Gipfel entfernt. Aber mir war es nicht geheuer alleine durch eine Nebelwand zu schreiten. Vielleicht den Weg nicht mehr zu finden, einen falschen Schritt zumachen.
Für mich ist das symbolhaft für Begebenheiten in meinem Leben. Manchmal stand und stehe ich noch vor einem Berg von Schwierigkeiten, von Herausforderungen, wie man heute sagt. Ich versuche diese anzugehen. Will mich aussprechen mit jemandem, will mein Verhalten ändern, will mehr Jesus nachfolgen. Aber immer dann, wenn ich denke, jetzt habe ich es geschafft, fehlen mir oft die letzten entscheidenden Schritte, falle ich doch zurück in meine alten Verhaltensmuster. Dann richte ich meinen Blick empor zu den Problemen und komme mir so klein und unbeholfen vor.
Dabei weiß ich doch von dem Blick auf die Berge, das da genug sind, die ich bezwungen habe. Die mir trotz aller Anstrengung Freude bereitet haben. Das Rubihorn zum Beispiel. Zum ersten Mal mit meinen Kindern da oben sein. Im zarten Alter von vier und fünf waren die beiden. Das erste Mal auf so einem hohen Berg. Wird das gut gehen habe ich mich gefragt. Und es gab einen kurzen Moment, wo ich entscheiden musste gehen wir weiter oder kehren wir um. Nach sorgfältiger Abwägung habe ich für uns beschlossen weiter zu gehen. Und es war gut so. Noch heute erzählen wir gerne davon in der Familie.
Auch das ist symbolhaft für manche meiner Lebenssituationen. Entscheidungen treffen. So anstrengend das manchmal sein kann. Welche Ausbildung möchte ich machen? Ist es richtig, die Arbeitsstelle zu wechseln? Möchte ich mit dieser Frau das ganze Leben gestalten? Möchte ich Kinder in dieser Welt bekommen? Vielleicht habe ich nicht immer die richtige Entscheidung getroffen. Zumindest was die Ausbildung anbelangt könnte ich das heute hinterfragen. Aber ich bin nicht unglücklich dadurch geworden, ich bin nicht abgestürzt. Und dafür bin ich dankbar.
Berge – auch im Leben - haben immer viel zu bieten. Mal ist es besser sie zu meiden, zurückzugehen, mal werden sie bezwungen und das damit verbundene Glücksgefühl ist fantastisch. Auf der Schwarzwasserhütte hängt ein Holzstück mit folgendem Text: „Sich selbst bezwingen – schönster Gipfelsieg!“ Das ist es. Seine eigenen Grenzen überwinden, auch wenn damit manchmal schmerzhafte Erfahrungen von Nöten sind.
Gut das ich da nicht alleine bin. Das ich fragen darf woher wird Hilfe für mich kommen? Und noch besser, das es eine Antwort darauf gibt.
Daher der zweite Gedanke
2. Hilfe
„Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde geschaffen hat“.
Ist das nicht eine gute Nachricht? Meine Frage nach Hilfe bleibt nicht unbeantwortet.
Da stehe ich also vor den Bergen meines Lebens. Und weil ich manche Entscheidungen vor mir her schiebe, aus Angst vor den Konsequenzen oder einfach nur, weil ich mich nicht aufraffen kann, suche ich unwillkürlich nach jemanden, der mir bei der Entscheidungsfindung hilft.
Ich rede mit meiner Frau, mit Freunden. Wäge ab, gehe Alternativen durch. Und letztlich fehlt dann vielleicht doch die Konsequenz.
Meistens ist das ja der Moment, wo ich nach Gott frage. Da wo ich als Mensch nicht mehr weiter komme, da soll Gott einspringen und alles gut machen. Der Wallfahrer nach Jerusalem erlebt das auch. Und findet für sich heraus, dass der Herr, der Himmel und Erde geschaffen hat, Hilfestellung leistet. Nicht nur findet er es für sich heraus, er spricht es sogar aus, er teilt es allen Menschen mit. Er beschreibt, wie Gott uns vorm Stolpern, vorm Absturz bewahrt. Er beschreibt, dass das zu jeder Tages- und Nachtzeit geschieht. Gott schläft nie.
Ich bin dem Wallfahrer dankbar, dass er mir Mut macht, auf die Hilfe Gottes zu vertrauen. Bis vor kurzem habe ich ein Armband mit den Buchstaben WWJD getragen. Jetzt ist es kaputt gegangen. Aber die Buchstaben begleiten mich weiter. WWJD. What would Jesus do. Was würde Jesus tun.
Eine Fragestellung, die mich anspricht. Meine Entscheidungen darauf ausrichten, was Jesus an meiner Stelle täte. Mich hinterfragen lassen. Mir fällt ein Hauskreisabend ein. Während der Coronazeit haben wir uns per Skype getroffen und immer einen Text aus der ‚Zwischenmahlzeit’ von Klaus-Jürgen Diehl gelesen und diskutiert. Da ging es um Hebr. 10, 35 „Darum werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat“. Im Vertrauen auf Jesus, auf Gott unseren Schöpfer, will ich Entscheidungen treffen. Ich will keine Angst haben, das Vertrauen nicht irgendwo im Keller abstellen und langsam aber sicher vergessen. Ich darf mir sicher sein dabei immer gut beschützt und behütet zu sein.
Ein dritter Gedanke ist der
3. Schutz
„Ja, der Beschützer Israels schläft und schlummert nicht!“
Schattenspender, Lebenbewahrer, Allzeitbehüter.
Aus diesem Psalm, inspiriert durch diesen Wallfahrer, müssen die irischen Segenswünsche entstanden sein. Handfest, lebensbejahend, mitten aus dem Leben gegriffen, mit Blick auf die Ewigkeit.
Kann es Schöneres geben? Die Zusage, dass Gott immer an meiner Seite ist. Es geht hier nicht um Leistung, um Bewertung oder darum, alles richtig zu machen im Leben. Es geht um das Leben an sich. Es geht um mich. Um jede einzelne Kreatur. Ich, Du, wir sind alle gleich angesprochen von den Psalmworten.
Uns wird zugesagt, dass wir jederzeit unter Gottes Obhut sind. Wir werden nicht fallen gelassen. Selbst wenn wir Gott für einige Zeit verlassen wird er bei uns sein. Uns tragen, wie in dem berühmten Gedicht ‚Spuren im Sand’. Das ist Gottes Versprechen an uns. Seine Güte und seine Gnade für uns Menschen.
Da schließt sich jetzt der Kreis. Urlaub, Corona, Alltag. Lasst uns das alles annehmen. Annehmen aus Gottes Hand. Welche Herausforderungen auch auf uns warten, mit seinem Angebot der Hilfe und des Schutzes werden wir alle Hürden nehmen, wie David es in Psalm 18 feststellt: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.“
Und so vertrauen wir darauf, dass unser Leben wieder in geregelte Bahnen kommt. Trotz Corona, trotz privater Schwierigkeiten, trotz gesellschaftlicher Veränderungen.
Vielleicht aber braucht unser Leben gar nicht mehr in geregelte Bahnen kommen, vielleicht spiegelt sich schon lange Gottes Schutz auf all unseren Wegen. Dann freuen wir uns über das Vertrauen, das wir geschenkt bekommen haben und gerne an andere Menschen weitergeben dürfen. Damit alle mit Gott durchs Leben gehen können.
Amen
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unseren Herrn.