nach langer Zeit hat meine Heimatgemeinde angefragt, ob ich mal wieder predigen möchte. Dem komme ich gerne nach. Dabei hat die Coronazeit so einiges verändert. Wir feiern Gottesdienst derzeit nicht in Gemeinschaft im Gottesdienstraum. Stattdessen feiern wir gemeinsam vor den Monitoren und Fernsehern.
Es war eine spannende Erfahrung, den Gottesdienst vorab aufzuzeichnen. Tatsächlich kam sogar Gottesdienststimmung auf, was ich sehr schön fand. Zwei Musikerinnen und ein Musiker, Liturg und Prediger, dazu zwei Techniker - mehr waren nicht anwesend. Es wurde alles an einem Stück aufgenommen ubnd auch nicht korrigiert. Live halt - finde ich auch viel besser, als wenn nachträglich noch alles Mögliche wiederholt würde, um es perfekter werden zu lassen.
Nachsehen und mitfeiern könnt ihr den Gottesdienst unter https://www.youtube.com/watch?v=eeEGDtYI468
Nachlesen natürlich im Anschluß.
Bleibt gesund und behütet
Fröhliche Grüße
Bernd
Lieber Vater, schenk uns ein Herz für dein Wort und dein
Wort für unser Herz. Amen
Liebe Gemeinde,
Online-Gottesdienst. Immer noch. Aber ganz ehrlich, ein
Gottesdienst mit Abstand, ohne Singen? Dann doch lieber so. Zu Hause mittendrin
und dabei.
Mittendrin wäre ich auch gestern gewesen. Zusammen mit
Freunden auf Schalke - so hatte ich mir das zumindest vorgestellt, als ich mit
der Predigtvorbereitung begann. Das letzte Bundesligaheimspiel der Saison. Der
Verein hätte gerufen und wir wären angereist. 62.000 Menschen. Alle in
Feierlaune. Ist die Saison doch besser gelaufen, als die letzte es versprochen
hat. Mit etwas Glück wäre vielleicht sogar ein Tabellenplatz für einen
internationalen Wettbewerb herausgesprungen. Auf jeden Fall hätten wir mit
vielen anderen Schalkern unsere Schals und Fahnen geschwenkt, inbrünstig das
‚Steigerlied’ und ‚Blau und Weiß’ intoniert. Ein Fest wäre es geworden.
Aber kein Gottesdienst, keine religiöse Feier, wie viele es manche
manchmal mit Fußball in Verbindung bringen. Auch wenn es tatsächlich Menschen
gibt, die im Fußballverein die Religion sehen, ‚An Gott kommt keiner vorbei -
außer Stan Libuda’, wie es mal auf einem Plakat in den 60er Jahren gestanden
haben soll, das auf eine Evangelisation von Werner Heukelbach hinwies. Tja. Das
wäre so schön gewesen. Wenn nicht der Virus dazwischen gekommen wäre. Unser
Alltag, unsere Gewohnheiten, alles von heute auf morgen auf den Kopf gestellt.
Der Predigttext für heute spielt in Israel um ca. 950 vor
Christus. Auch dort kommen viele Menschen zusammen. Aber Erlaubterweise. Ohne
Einschränkungen durch einen Virus. Und es geht tatsächlich um Glaube und Religion
und nicht die für manche schönste Nebensache der Welt. Der Text steht in 2.
Chronik 5,2–5(6–11)12–14.
Einweihung des Tempels
2 Salomo rief die
führenden Männer von Israel, alle Stammes- und Sippenoberhäupter, nach
Jerusalem. Sie sollten dabei sein, wenn die Bundeslade des HERRN aus der »Stadt
Davids«, dem Stadtteil Jerusalems auf dem Berg Zion, zum Tempel gebracht wurde.
3 Und so kamen im 7.
Monat des Jahres alle männlichen Israeliten in Jerusalem zusammen. In diesem
Monat wurde auch das Laubhüttenfest gefeiert.
4 Als alle versammelt
waren, hoben die Leviten die Bundeslade hoch
5 und trugen sie
hinauf zum Tempel. Zusammen mit den Priestern brachten sie auch das heilige
Zelt hinauf, mit all seinen geweihten Gegenständen.
6 König Salomo und die
ganze Gemeinschaft der Israeliten, die zu diesem Fest gekommen waren, hatten
sich bei der Bundeslade versammelt. Sie opferten so viele Schafe und Rinder,
dass man sie nicht mehr zählen konnte.
7 Die Priester
brachten die Bundeslade an den vorgesehenen Platz in den hinteren Raum des
Tempels. Dort im Allerheiligsten stellten sie die Bundeslade unter die beiden
Keruben.
8 Deren ausgebreitete
Flügel beschirmten nun die Bundeslade samt ihren Tragstangen.
9 Die beiden Stangen
waren so lang, dass man sie vom Heiligtum aus sehen konnte, wenn man direkt vor
dem Allerheiligsten stand. Doch vom Vorhof aus sah man sie nicht. Noch heute
befindet sich die Bundeslade an diesem Ort.
10 Damals lagen nur
die beiden Steintafeln darin, die Mose am Berg Horeb hineingelegt hatte, als
der HERR mit den Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten einen Bund schloss.
11 Alle Priester, die
zur Einweihung des Tempels gekommen waren, hatten sich für das Fest gereinigt,
auch wenn ihre Abteilung in diesen Tagen keinen Tempeldienst hatte.
12 Auch die Sänger der
Leviten waren gekommen: die Leiter Asaf, Heman und Jedutun mit ihren Söhnen und
Verwandten. Sie trugen Gewänder aus feinem weißen Leinen und standen mit
Zimbeln, Harfen und Lauten an der Ostseite des Altars. Bei ihnen hatten sich
120 Priester aufgestellt, die auf Trompeten spielten.
13 Zusammen stimmten
die Sänger und Musiker ein Loblied für den HERRN an. Begleitet von Trompeten,
Zimbeln und anderen Instrumenten sangen sie das Lied: »Der HERR ist gütig,
seine Gnade hört niemals auf!« Während sie sangen, verließen die Priester
wieder den Tempel, und es kam eine Wolke auf ihn herab.
14 Die Herrlichkeit
des HERRN erfüllte das ganze Haus, so dass die Priester es nicht mehr betreten
konnten, um ihren Dienst darin zu verrichten.
Fünf kurze Gedanken dazu
Erster Gedanke
Laubhüttenfest - Sukkot. Es findet statt im September oder
Oktober, dem Monat Tischri des jüdischen Kalenders. Sukkot ist das dritte große Fest der Israeliten. Und
es soll ein Freudenfest sein. Ein Dankesfest. Ein Erinnerungsfest. Drei in
eins.
Vom Ursprung her ein Erntedankfest, wie es in 2. Mo 23
steht: 16 Und du sollst halten das Fest
der Ernte, der Erstlinge deiner Früchte, die du auf dem Felde gesät hast, und
das Fest der Lese am Ausgang des Jahres, wenn du den Ertrag deiner Arbeit
eingesammelt hast vom Felde. 17 Dreimal im Jahre soll erscheinen vor dem HERRN,
dem Herrscher, alles, was männlich ist unter dir.“
In 3. Mo 23 wird dazu verdeutlicht, das in ihm Dank, Freude
und Erinnerung enthalten sind: „39 Am fünfzehnten Tage des siebenten
Monats, wenn ihr die Früchte des Landes einbringt, sollt ihr ein Fest des HERRN
halten sieben Tage lang. Am ersten Tage ist Ruhetag und am achten Tage ist auch
Ruhetag. 40 Ihr sollt am ersten Tage Früchte nehmen von schönen Bäumen,
Palmwedel und Zweige von Laubbäumen und Bachweiden und sieben Tage fröhlich
sein vor dem HERRN, eurem Gott, 41 und sollt das Fest dem HERRN halten jährlich
sieben Tage lang. Das soll eine ewige Ordnung sein bei euren Nachkommen, dass
sie im siebenten Monat so feiern. 42 Sieben Tage sollt ihr in Laubhütten
wohnen. Wer einheimisch ist in Israel, soll in Laubhütten wohnen, 43 dass eure Nachkommen wissen, wie ich die
Israeliten habe in Hütten wohnen lassen, als ich sie aus Ägyptenland führte.
Ich bin der HERR, euer Gott.“
Sukka ist dabei die Hütte im Freien. Mit einem Dach aus
Ästen, Zweigen und Laub. Sukka ist die Unterkunft der Israeliten, als sie noch
als Wüstenvolk unterwegs waren und keine Ernte einfahren konnten. Diese Hütte wird am Laubhüttenfest von vielen
Juden errichtet. In ihrem Garten, auf ihren Balkonen, in den Innenhöfen. Sie
verbringen oft einen Teil ihres Tages darin, nehmen Mahlzeiten dort ein. Manche
leben auch die ganze Zeit darin.
Die Sukka ist geschmückt mit Palmzweigen (Lulaw),
Zitrusfrüchten (Etrog), Myrte (Hadasim) und Bachweiden (Arawoth). Diese vier
Arten stehen stellvertretend für die israelitische Vegetation. Tropische Palmen
und Datteln, kultiviertes Obst, Heilkräuter und Feuerholz. Sie sind der
Feststrauß. Der wird beim Singen der Dankpsalmen in alle Himmelsrichtungen
geschwenkt wird und so die Dankbarkeit gegenüber Gott zum Ausdruck gebracht.
„Rabbi Jochanan sagte [dazu]: Man schwenkt den Lulaw zur
Ehre Gottes hin und her, denn Gott gehören die vier Himmelsrichtungen; man hält
ihn zur Ehre Gottes nach oben und unten, denn Gott gehört der Himmel und die
Erde. (Sukah 376)
Wie die Zitrusfrucht sowohl Geschmack hat als auch einen lieblichen
Geruch, so gibt es in Israel Menschen, die sowohl gelehrt sind als auch ihren
Glauben leben.
Wie die Früchte des Palmzweigs zwar Geschmack haben, aber
geruchlos sind, so gibt es in Israel Menschen, die zwar gelehrt sind, aber
ihren Glauben nicht leben.
Wie die Myrtenzweige zwar einen lieblichen Geruch haben,
aber ungenießbar sind, so gibt es Menschen, die gute Werke tun, aber keinerlei
Gelehrsamkeit besitzen.
Wie die Weidenzweige weder eßbar sind noch einen angenehmen
Geruch verbreiten, so gibt es Menschen, die weder gelehrt sind noch gute Werke
tun.
Gott - die Heiligkeit Gottes sei gepriesen - sagt: Damit
Israel nicht untergeht, laßt sie alle zusammengebunden sein, wie die Pflanzen
zu einem Bund zusammengebunden sind, so daß die Gerechten unter ihnen für die
anderen Sühne bewirken.
Das Dach der Sukka ist lückenhaft, so dass der Himmel
gesehen werden kann. Damit soll das Vertrauen zu Gott gefestigt werden. Er ist
es, der, trotz aller Widerstände, sein Volk aus Ägypten geführt hat. Er ist es, der, trotz aller Abwendung von
ihm, immer an seinem Volk festgehalten hat. Er ist „der HERR, dein Gott, der deine rechte Hand fasst und zu dir spricht:
Fürchte dich nicht, ich helfe dir!“ (Jes 41, 13).
Zweiter Gedanke
Der Tempel. Er steht am Ende einer langen Entwicklung. Am
Berg Sinai soll Mose die zehn Gebote empfangen. Danach gibt es die Anweisungen
für die Stiftshütte, für die Bundeslade, für den Tisch mit den Schaubroten und für
den Leuchter. Genauestens wird beschrieben, wie alles zu bauen und zu nutzen
ist. Ab 2. Mose 25 ist das alles nachzulesen.
Gott will Wohnung nehmen unter den Menschen. Und nach den
vielen Jahren der Wüstenwanderung, den immer neuen Plätzen und Orten, an denen
nur verlässlich blieb, dass Gott tagsüber in Gestalt einer Wolke und nachts als
Feuerschein voranging, ist es nun soweit. Unter Salomon wird der Tempel in
Jerusalem erbaut. Die Zeit der Wanderschaft ist vorbei. Hier in Jerusalem, der
Stadt, die keinem der zwölf Stämme Israel gehörte, die erst David zur
Hauptstadt seines Großreiches gemacht hat, wird der religiöse Mittelpunkt der
Israeliten errichtet. Zum ersten Mal haben die Israeliten einen Tempel, zu dem
sie jederzeit pilgern können. Auch wenn ihnen bewusst gewesen sein wird, dass
Gott nicht leibhaftig in diesem Gebäude wohnt, so hatten sie endlich einen
besonderen Ort für die Begegnung mit ihm.
Und dieser Tempel ist gebaut auf dem Berg Zion. Zion, von
dem es in Psalm 9,12 heißt „Lobet den
HERRN, der zu Zion wohnt“. Hier ist der Grundstein der Schöpfung wie es in
Jesaja 28,16 steht „Siehe, ich lege in
Zion einen Grundstein, einen bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein, der
fest gegründet ist. Wer glaubt, der flieht nicht.“ Und schließlich wird in
Sach 9,9 versprochen „Du, Tochter Zion,
freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu
dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem
Füllen der Eselin.“
Der Tempel als Wohnung Gottes unter den Menschen. In einer
Stadt, die den Messias sehen wird und es daher uns Christen ermöglicht Wohnung
bei Gott zu nehmen Joh 2, 14 „In meines Vaters Hause
sind viele Wohnungen. Wenn's nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich
gehe hin, euch die Stätte zu bereiten?“.
Und hierhin strömen also die Massen. Die Geladenen und die
Ungeladenen. Auch wenn im Text nur von Männern die Rede ist, so ist davon
auszugehen, das ganze Familien, Männer, Frauen, Kinder gemeinsam aufgebrochen
sind, um der Tempeleinweihung zuzusehen. Angemessen, dass alle kommen und
schauen. Denn alle sind von Gott eingeladen ihr Leben mit ihm zu teilen.
Dritter Gedanke
Die Bundeslade. Schon früh wurde sie beschrieben, eine
genaue Bauanleitung hat Gott seinem Volk dazu gegeben. Aber es dauert noch bis
die Israeliten die Weisung Gottes umsetzen. Als es aber soweit ist wird sie,
wie die Stiftshütte und die anderen heiligen Gegenstände, zum Symbol von Gottes
Begleitung. Jeglicher Tag wurde von ihr bestimmt. Pause und Weitergehen.
Innehalten, zur Ruhe kommen, genauso wie Weitermachen und Vordenken. Ein
Tagesablauf ohne sie wäre undenkbar gewesen.
Erst als die Israeliten im versprochenen Land ankommen
verbleibt sie an einem Ort. Zunächst in Gilgal, dann in Schilo. Ulrike
Offerberg bezeichnet das als „Akt der Reifung und Verantwortungsübernahme, denn
die All-inclusive-Versorgung der Wüstenzeit mit Vollpension und Wegleitung
endet mit der Jordanüberquerung…Nun ist es das Volk, das dem Heiligtum seinen
Platz schaffen muss.“
Und diesen Platz schaffen sie. Gemeinschaftlich, wie Rabbi
Or Ha Chaim sagt. Er „betont das Konzept der Arbeitsteilung und die gemeinsame
Anstrengung Israels bei der Realisierung der ganzen Tora. Die Tora wurde nicht
nur zur privaten Inspiration gegeben, sondern auch für das Gemeinwohl. Jeder
hat seinen Teil zu erfüllen, gemäß seiner Kapazität und Rolle.“ (https://www.hagalil.com/judentum/torah/leibowitz/trumah.htm)
„Der Wechsel in der Formulierung von der zweiten Person Singular (also dem ‚Du’ )zur dritten Person Plural (also dem ‚sie’) illustriert, dass die Essenz der Tora nur von Israel als Gesamtheit erfüllt werden kann. Kein Einzelner kann alle Vorschriften der Tora ausführen. ... Aber, als Ganzes gesehen, kann das jüdische Volk die ganze Skala der jüdischen Gebote halten. Daher sagt die Tora "sie sollen machen".“
„Der Wechsel in der Formulierung von der zweiten Person Singular (also dem ‚Du’ )zur dritten Person Plural (also dem ‚sie’) illustriert, dass die Essenz der Tora nur von Israel als Gesamtheit erfüllt werden kann. Kein Einzelner kann alle Vorschriften der Tora ausführen. ... Aber, als Ganzes gesehen, kann das jüdische Volk die ganze Skala der jüdischen Gebote halten. Daher sagt die Tora "sie sollen machen".“
Vierter Gedanke
Kantate. Singt! Deshalb ist diese Perikope für heute
ausgesucht. Wir haben den Sonntag Kantate.
Die VELKD (Vereinigte evangelisch-lutherische Kirche in
Deutschland) schreibt dazu unter www.kirchenjahr-evangelisch.de „Der erleichterte
Dank der Geretteten, das mächtige Loblied der Geschöpfe Gottes, das
besänftigende Harfenspiel und der mutige Gesang, der Kerkermauern sprengt – sie
alle vereinen sich zu einem vielstimmigen Lob Gottes. Dort, wo sein Name so
besungen wird, dort ist Gott ganz nah. Kein Bereich des Lebens soll von diesem
Lob ausgeschlossen sein, keiner ist zu gering für diese Musik. Je mehr unser
Leben zum Gesang wird, desto stärker wird uns dieses Lied verändern zu
liebevolleren und dankbaren Menschen.“
Diese Beschreibung kommt mir nahe. Gesang nicht allein
stimmlich sondern lebensnah. Mit Höhen und Tiefen, mit Pausen und
Wiederholungen. Schief gesungen oder perfekt den Ton getroffen.
Wobei das nicht so ganz dem entspricht, was Ulrike
Offerberg, eine jüdische Auslegerin, dazu schreibt: „die doppelte Betonung [im
hebräischen Originaltext] von ‚wie einer’ und ‚eine Stimme’ wird von mehreren
Bibelkommentatoren so verstanden, das es sich um eine einstimmige
Harmonieführung von Chor und Instrumenten zugleich handelte. Also nicht im
sonst üblichen Wechselgesang von Vorsänger und Chören, sondern alle gemeinsam
und einstimmig.
Rabbiner David Altschuler meint, dass sie das große Hallel
(Ps. 136) sangen, und äußert erstaunt: Und keiner kam dem anderen zuvor.
Angesichts der religiösen Begeisterung, die bei der Tempelweihe geherrscht
haben muss, ist es tatsächlich ungewöhnlich, dass niemand versuchte, andere durch
lauteren oder schnelleren Gesang zu übertrumpfen.“
Warum ist das so? Einstimmiges Singen, einstimmiges
Gotteslob, weil auf die Einheit Gottes verwiesen werden soll? Oder vielleicht,
weil das Volk als ein Körper mit einer Stimme singen/sprechen soll?
Ich kann es mir nur so erklären, dass an diesem besonderen
Tag der Tempeleinweihung Gotteslob im Vordergrund stehen sollte. Das alles
menschliche Denken und Handeln diesem einen Lob untergeordnet sein sollte.
Einstimmig in das Lob Gottes einstimmen. Gemeinsam nur den einen, wahren Gott,
neben dem es keine anderen Götter gibt, anzubeten.
Und sonst halte ich es mit Mirjam in 5. Mo 15,21 nachdem die
Israeliten durch das Rote Meer gezogen waren: „Und Mirjam sang ihnen vor: Lasst uns dem HERRN singen, denn er ist
hoch erhaben“. Hier soll und darf jeder singen. „Das eigene Lied des
Gotteslobs finden. Nicht einfach nachsingen, was andere vorsingen, sondern nach
dem eigenen Ausdruck suchen und darauf vertrauen, dass es verschiedene Zugänge
zu Gott gibt.“ (Ulrike
Offerberg). Kantate.
Singt! Singt euer Lied auf dem Weg mit Gott.
Fünfter Gedanke
Wir Christen. Nun ist der Predigttext alttestamentarisch.
Vielleicht fällt mir daher das Ein oder Andere etwas schwieriger zu verstehen.
Ein bisschen habe ich in den vorhergehenden Gedanken versucht, das jüdische
Denken anschaulich zu machen. Ich höre und lese ein sehr starkes Lebensgefühl
daraus. Immer wieder wird von Herzlichkeit, Freudenfesten und Gemeinschaft
berichtet. Da gibt es keine Anzeichen von Leibfeindlichkeit. Arbeiten und
feiern gehört zusammen. Das Leben ist es wert, gelebt zu werden.
Rabbi Leibowitz beschreibt es treffend: „Das Gebot, in der
Suka zu sein, erfüllen wir mit unserem Körper, mit unserem ganzen Körper und
nur mit unserem Körper. Wir freuen uns an dieser Welt, sitzen beschaulich in
unserer Hütte, die geschmückt ist mit dem Ergebnis unserer Ernte. Der Mensch
ist kein rein geistiges Wesen. Wir müssen essen, um bestehen zu können. Einen
Tag lang, am Jom Kipur [dem Versöhnungstag oder Tag der Sühne], können wir zwar
versuchen, dies zu vergessen, aber sich nur auf das Geistige zu konzentrieren,
widerspricht dem Judentum, «der prosaischen Religion des Alltags»“.
Vielleicht müssen wir Christen das noch lernen. Mehr lachen,
damit die Welt auch sieht, dass wir tatsächlich eine frohe Botschaft zu
verbreiten haben.
Vielleicht ist das gerade auch an Kantate die Botschaft für
uns Christen: Singt! Singt euer Leben. Singt heraus, was euch umtreibt, was
euch gefällt, was euch belastet. Singt über eure Wut, euer Unverständnis, eure
Probleme im Leben. Und singt über die Freude, die Liebe, die Leichtigkeit des
Lebens.
Und bei allem Singen denkt immer daran, das es nur einen
gibt, der euch das Singen ermöglicht. Der, der da war, der da ist und der da
kommt. Unser Herr und Schöpfer. Lob und Dank sei ihm.
Amen
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere
Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unseren Herrn.
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