Moin zusammen,
und dann möchte ich natürlich neben der Kurzvorstellung auch dem Blognamen gerecht werden. Die erste Predigteinstellung...
Diese Predigt habe ich am 21.07.2013 anlässlich meiner Ordination gehalten. Die Bibeltexte entstammen der Neuen Genfer Übersetzung.
Hören könnt ihr die Predigt hier.
Fröhliche Grüße
Bernd
Liebe
Gemeinde,
weiter geht es in unserer Predigtreihe zu Matthäus. Heute
Matthäus 8, 23-27 – Die Stillung des Sturmes. Auf Seite 239 der Gottesdienstbibel
im Neuen Testament. Ich lese die Neue Genfer Übersetzung
Der Sturm auf dem See
23 Daraufhin stieg
Jesus in das Boot; seine Jünger folgten ihm, und sie fuhren los.
24 Plötzlich brach auf
dem See ein heftiger Sturm los, sodass das Boot fast von den Wellen begraben
wurde. Jesus aber schlief.
25 Die Jünger stürzten
zu ihm und weckten ihn. »Herr«, schrien sie, »rette uns, wir sind verloren!«
26 Aber Jesus sagte zu
ihnen: »Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen?« Dann stand er auf und
wies den Wind und die Wellen in ihre Schranken. Da trat eine große Stille ein.
27 Die Leute aber
fragten voller Staunen: »Wer ist das, dass ihm sogar Wind und Wellen
gehorchen?«
Fünf Verse, fünf Gedanken
1. Daraufhin stieg
Jesus in das Boot; seine Jünger folgten ihm, und sie fuhren los.
Israel, kurz nach der Bergpredigt.
Wunder geschehen. Aussätzige werden rein, Gelähmte gesund,
Geister vertrieben.
Selbst ein Schriftgelehrter will Jesus nachfolgen.
Nachfolgen wollen auch die Jünger. Ohne zu zögern steigen
sie hinter Jesus in das Boot.
In das Boot, das wohl ca. 9m lang, 2,5m breit und 1,25m hoch
ist. Ausgestattet mit Mast, Segel und Platz für ca. 15 Personen. In 2010 wurde
solch ein Boot in der Museumswerft Flensburg einmal nachgebaut. Beeindruckend.
Für heutige Verhältnisse nichts anderes als ein kleine Nussschale.
Das Wetter scheint ordentlich, alles friedlich. Endlich aus
der Menschenmenge raus, nur unter sich sein. Mit Jesus allein. Die Jünger
freuen sich darauf. Eine lebensfrohe Gemeinschaft, die da aufbricht. Scherze
werden gemacht, Familiäres ausgetauscht, die ein oder andere Glaubenserfahrung
mitgeteilt, überlegt, was Jesus wohl mit der und der Aussage gemeint hat. Gut,
Arbeit gehört auch dazu – losrudern, Segel setzen. Alltag halt. Und bei all dem
Jesus mittendrin. Oder besser ‚auch anwesend’. Er hat sich nämlich rausgezogen
aus dem fröhlichen Miteinander. Liegt jetzt in einer Ecke des Bootes und
schläft. Tief und fest. Mittendrin, anwesend, aber nicht im Mittelpunkt.
Ich fühle mich an meinen Hauskreis erinnert: Zweimal im
Monat treffen wir sechs Männer uns. Essen, trinken, reden, Familie, Glaube,
Bibel… zwischendurch auch mal gemeinsam renovieren – Gott feiern, Leben teilen,
für Menschen da sein – unser Gemeindemotto – wird dort mit Inhalt gefüllt. Und
wenn es heißt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich
mitten unter ihnen“ so wissen wir Jesus im Hauskreis bei uns, reden mit und
über ihn – aber manchmal kommt der leise Verdacht auf, das wir uns zwar auf
Jesus einlassen möchten, mit ihm leben wollen, das aber nach außen, in den
Alltag hinein, manchmal gar nicht so stark wahrnehmbar ist.
Und doch ist da unser Vertrauen, das Jesus uns begleitet,
mit uns geht, für uns da ist. Es erscheint so nebensächlich, so klein, so
bedeutungslos. Aber genau das macht es aus. Macht ihn aus. Eben bis in die
Langeweile des Alltags hinein begleitet uns Jesus. Nicht nur in den Hoch- und
Tiefzeiten, sondern auch da, wo scheinbar alles im Fluß ist, seinen geregelten
Gang geht, wo Normalität herrscht.
Aber wie bei so vielen kleinen Dingen im Leben – was sie
bedeuten merken wir erst, wenn sie dann fehlen. Dann erst wird uns ihre wahre
Größe klar, ihre Bedeutung für unser Leben.
2. Plötzlich brach auf
dem See ein heftiger Sturm los, sodass das Boot fast von den Wellen begraben
wurde. Jesus aber schlief.
Ein heftiger Sturm kommt also auf. Von jetzt auf gleich. Am
See Genezareth nichts Ungewöhnliches. Selbst in unseren Breiten kennen wir das
mittlerweile. Denken wir nur zurück an das Hochwasser im Juni, an die Starkregen,
die wir sogar hier in Wuppertal als ungewöhnlich erlebt haben. Bedrückend, wie
es innerhalb kürzester Zeit sehr dunkel wird und dann die Naturgewalten
losbrechen. Da kann einem schon mulmig werden. Angst und Bange kann einem
werden.
Symbolisch kann ich diesen Sturm auch für mein Leben sehen.
Von jetzt auf gleich aus der Bahn geworfen. Da teilte mir mein früherer
Arbeitgeber mit: „Herr Böth, wir lösen ihre Abteilung auf“. Ohne Vorwarnung
tauchte das wirtschaftliche Aus einer fünfköpfigen Familie vor meinem inneren
Auge auf. Letzten Sommer sagt mir der Radiologe: „Herr Böth, ich rede nicht
lange drum rum, sie haben einen Tumor in der Lunge.“ Diesmal steht nicht die
wirtschaftliche Angst im Vordergrund, sondern Todesangst.
Als wir im Hauskreis über Stürme des Lebens sprachen
stellten wir fest, das jeder von uns das anders wahrnimmt. Was ein richtiger
Sturm ist und was ein Sturm im Wasserglas, ist auch abhängig von der eigenen
Verfassung. Ob Arbeitslosigkeit oder Krankheit, familiäre Probleme oder beruflicher
Misserfolg, Beziehungskrisen oder Selbstzweifel. Manchmal gelingt es gut mit
den Stürmen fertig zu werden, sich rechtzeitig Schutz zu suchen, manchmal steht
man sprichwörtlich im Regen, fühlt sich von allen verlassen und könnte Rotz und
Wasser heulen. Das ist der Moment, wo dann auch Jesus zu schlafen scheint. Und
er schläft ja auch tatsächlich. Er, der sich so geborgen fühlt bei Gott, seinem
Vater, dass er trotz aller Turbulenzen schlafen kann. So geborgen möchte ich
mich auch fühlen. Aber irgendwie klappt das nicht. Wie gesagt: manchmal kommt
der leise Verdacht auf, das ich mich zwar auf Jesus einlassen möchte, mit ihm
leben will, das aber nach außen, in den Alltag hinein, manchmal gar nicht so
stark wahrnehmbar ist.
3. Die Jünger stürzten
zu ihm und weckten ihn. »Herr«, schrien sie, »rette uns, wir sind verloren!«
Die Jünger verhalten sich da gar nicht so anders. Eben noch
mit ihrem Alltag beschäftigt, in ihrem Kreis zufrieden und dann bricht dieser
Sturm ganz unvermittelt über sie herein. Angesichts der Bedrohung durch den
Sturm werden sie hektisch. Sie stürzen zu Jesus, rütteln und schütteln ihn, um
ihn zu wecken, flehen ihn an: Rette uns!
Dem Ruf der Jünger habe ich mich in den eben genannten
Situationen nur zu gern angeschlossen. Die Telefonnummer Gottes fällt mir dazu
ein: 5015. In Psalm 50, 15 steht „Rufe mich an in der Not, so will ich dich
erretten“. Not habe ich, verloren bin ich. Arbeitsplatz weg, Krebs auf dem
Vormarsch. Wer außer Jesus kann mich da retten? Und wer außer Gott hat mir das
versprochen? Not lehrt beten, heißt es. Wie wahr.
Und wenn wir Gebetsgemeinschaft haben im Hauskreis ist da
oft die Fürbitte im Vordergrund. Die Bitte an Gott einzugreifen, die Stürme des
Lebens zu stillen, Menschen aus den als schwierig erlebten Phasen zu retten und
zu erlösen. Jesus rettendes Handeln wird da eingefordert. Schließlich hat er es
doch versprochen.
4. Aber Jesus sagte zu
ihnen: »Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen?« Dann stand er auf und
wies den Wind und die Wellen in ihre Schranken. Da trat eine große Stille ein.
Und Jesus hält Wort. Doch vorher erteilt er den Jüngern noch
eine Lektion in Sachen Glauben. Nicht wütend wird er dabei gewesen sein. Nein, eher
traurig, denke ich. „Fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht, denn
ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich halte dich durch
die rechte Hand meiner Gerechtigkeit.“ heißt es in Jes. 41,10. Diese Zusage
werden die Jünger gekannt haben. Sie im Alltag umzusetzen ist aber eine ganz
andere Sache.
Geht es mir nicht oft genauso? Angst, Kleinglaube, manchmal
sogar Unglaube durchzieht mein Leben. Gerade dann, wenn es eben nicht so läuft,
wie ich mir das erhoffe. Mit Jesus ist eben nicht alles Friede, Freude,
Eierkuchen. Ich hätte gerne, das es mir als Christ leichter fällt durchs Leben
zu gehen. Es nicht mit so vielen Schwierigkeiten belastet ist. Aber das ist
unrealistisch. Nirgends hat Gott mir das versprochen. Versprochen hat er: „Ich
bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt“ (Mt. 28,20). Und dann ist sein
Frage nach dem ‚Warum’ berechtigt. Warum blicke ich dann nicht auf Jesus,
sondern blicke auf den Sturm, der sich da über mir austobt? In Hebr. 12,2
steht: „Lasst uns aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens“.
„den Wegbereiter des Glaubens“ wie es in der NGÜ übersetzt wird.
Natürlich, einfach ist das nicht umzusetzen. Dafür bin ich
Mensch. Aber mutmachend ist es. Wir leben ‚als Menschen im Spannungsfeld
zwischen Angst und Vertrauen’ schreibt Christoph Ramstein. Von der Angst lassen
wir uns oft bestimmen. Das Vertrauen ist weitaus schwieriger. Jesus enttäuscht
dieses Vertrauen nicht. Er steht auf, spricht und der Sturm schweigt. Wie zu
Anbeginn der Welt Gott selbst: Und Gott sprach es werde…und Gott sah, es war
gut.
Es war gut, es ist gut, es wird gut - im Vertrauen auf
Jesus.
Wie ich selber feststellen durfte nicht immer auf die Art
und Weise, die ich mir erträume, nicht immer direkt erkennbar.
Ich habe damals eine neue Arbeitsstelle gefunden. Habe
gelernt, dass da auch nicht alles Gold war, was glänzte. Ich hatte zwar Arbeit,
aber einfacher wurde das Leben als Familie dadurch nicht. Gelernt habe ich
aber: Gott spricht. Mitten hinein in mein Leben. Nicht immer bequem, manchmal
leise, aber immer zu meinem Besten.
Auch die Krebsdiagnose stellte sich als falsch heraus. Hat
Gott die Gebete erhört? Die Fürbitte des Hauskreises, des Gebetskreises? Oder
war es einfach eine Fehldiagnose? Entscheidend für mich ist, dass Gott diesen
Sturm auch beruhigt hat. Manchmal muss er mir eben auf die harte Tour zeigen,
was er Gutes für mich möchte. Eine Lektion in Sachen Glauben. Das ist nicht
leicht. Und ich weiß aus leidvoller Erfahrung, dass eben auch nicht alle Stürme
in meinem Leben glimpflich ausgegangen sind.
Und doch, ich möchte versuchen mich eher von dem Vertrauen
als von der Angst bestimmen zu lassen. Eben weil ich Jesus nachfolgen möchte,
weil ich mit ihm in einem Boot sitzen will.
5. Die Leute aber
fragten voller Staunen: »Wer ist das, dass ihm sogar Wind und Wellen
gehorchen?«
Eigentlich hätte die Geschichte von der Sturmstillung jetzt
ja zu Ende sein können. Aber sie geht weiter. Die Geschehnisse auf dem See
Genezareth sprechen nämlich nicht nur die Jünger an. Die werden froh gewesen
sein, dass alles unfallfrei ausging. Und davon müssen sie erzählt haben. Was
begeistert, davon wird weitererzählt. Und es löst bei den Hörenden etwas aus.
Sie kommen ins Staunen über diese Geschichte. Sie wollen mehr wissen über diese
Person, die über den Naturgesetzen steht.
Manchmal kommt der leise Verdacht auf, das wir uns zwar auf
Jesus einlassen möchten, mit ihm leben wollen, das aber nach außen, in den
Alltag hinein, manchmal gar nicht so stark wahrnehmbar ist.
Vielleicht ist es ja genau andersrum. Vielleicht nehmen
Menschen um uns herum vielmehr wahr, dass wir uns auf Jesus einlassen möchten.
Vielleicht sind es gerade die Nichtchristen, denen wir begegnen, die erstaunt
sind über manche Verhaltensweisen, manche Erzählungen von uns. Von sich aus kommen
sie aber gar nicht auf die Idee, das anzusprechen. Wie auch. In Verbindung mit
Gott können sie es ja auch nicht bringen, das ist ja nicht ihre
Lebenswirklichkeit. Wenn ich an anderer Stelle als in der Gemeinde von der
Fehldiagnose spreche, dann kommt meistens ein: „Puh, Glück gehabt, freue dich.“
Ehrlich gemeint, erleichternd gemeint – aber eben nicht mit Gott in
Zusammenhang gebracht. Für viele ist es eben eine Fehldiagnose und kein Handeln
Gottes. Erst wenn ich das in einen Zusammenhang bringe fängt vielleicht ein
Nachdenken darüber an. Fängt das Staunen und Nachfragen an.
Das fordert doch geradezu heraus von unseren Erlebnissen mit
Gott zu erzählen.
Wer, wenn nicht wir, soll denn Jesus rettendes Handeln
erklären können so das es verständlich wird für den Alltag.
Wunder geschehen. Aussätzige werden rein, Gelähmte gesund,
Geister vertrieben.
Heute noch. Mitten in unserer Welt.
Das dürfen wir weitererzählen. Damit daraus dann Glaube und
Vertrauen in Gott folgt. Bei allen Menschen.
Amen