Sonntag, 8. November 2015

Wann kommt Jesus?



Moin zusammen,

was Menschen so alles wissen wollen.  Manchmal gibt es darauf klare Antworten und manchmal dauert es etwas länger, bis die Antworten verstanden werden.
Die Sache mit Jesus ist so eine, die manchmal etwas länger dauert. Aber dann wirkt sie um so stärker.

Fröhliche Grüße
Bernd


Lieber Vater, schenk uns ein Herz für dein Wort und dein Wort für unser Herz. Amen



Liebe Gemeinde,



wann kommt der Menschensohn? fragt unser heutiger Predigttext in Lukas 17, die Verse 20-24 nach der Neuen Genfer Übersetzung.



Das Kommen des Reiches Gottes



20 Die Pharisäer fragten Jesus, wann das Reich Gottes komme. Darauf antwortete er: »Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Anzeichen erkennen kann.

21 Man wird auch nicht sagen können: ›Seht, hier ist es!‹ oder: ›Es ist dort!‹ Nein, das Reich Gottes ist mitten unter euch.«



22 Dann sagte Jesus zu seinen Jüngern: »Es wird eine Zeit kommen, da werdet ihr euch danach sehnen, auch nur einen Tag der Herrschaft des Menschensohnes zu erleben, aber euer Sehnen wird vergeblich sein.

23 Wenn man zu euch sagt: ›Seht, dort ist er!‹ oder: ›Seht, er ist hier!‹, dann geht nicht hin; lauft denen, die hingehen, nicht nach.

24 Denn wie der Blitz aufleuchtet und den Himmel von einem Ende zum anderen erhellt, so wird es an dem Tag sein, an dem der Menschensohn kommt.



Ja, wann also kommt der Menschensohn bzw. das Reich Gottes? Heute? An Weihnachten? Oder doch erst 3057?



Manche unter uns möchten das bestimmt der besseren Planung wegen wissen. Macht es noch Sinn sich um Dinge des täglichen Lebens zu kümmern?



Manche möchten es vielleicht wissen, weil sie das Ende ihrer gesundheitlichen Belastungen herbeisehnen. Wann sind die Schmerzen vorbei?



Manche wollen es wissen, um sich auf das Kommen von Jesus gewissenhaft vorzubereiten. Wie sieht es mit meinem Glaubensleben aus?



Und einige sind auch neugierig, nicht nur wann, sondern vor allem wie sich das Kommen von Jesus gestalten wird. Wirklich wie ein Dieb in der Nacht? Oder wie im heutigen Text beschrieben „wie der Blitz aufleuchtet und den Himmel von einem Ende zum anderen erhellt“.



Ein zweigeteilter Text dazu. Ein Text, der zunächst auf die Frage der Pharisäer eingeht und sich dann mit den Jüngern beschäftigt.



Zunächst also die Frage der Pharisäer.



Ob die Pharisäer damals auch diese gerade angeführten Fragen hatten? Sie warteten schließlich darauf, dass Gott den Messias schickt. Den Heiland und Retter, der sie vom Joch der Römer befreien wird; der ihnen ihr Königreich wiedergeben wird, wie es früher war. Sie wussten nicht wann das Reich Gottes kommt, aber sie meinten genau zu wissen, wie es anbricht und woran man es erkennt.



Wie muss die Antwort Jesus ihnen vorgekommen sein. Sie, die konkret wissen möchten wie es anbricht, bekommen zunächst gesagt, wie es nicht kommt. Das ist so, als wenn ich jemanden frage, wie komme ich nach Elberfeld und die Antwort lautet: nicht mit dem Zug. Wenig hilfreich.

Doch wenn ich mir Jesus Antwort genauer betrachte, dann kann ich besser verstehen, warum er zunächst sagt, woran man es nicht erkennt. Gott lässt sich eben nicht festlegen. Wie viele falsche Propheten gab und gibt es, die meinen, anhand von Sternenkonstellationen, besonderen Umweltkatastrophen oder ähnlichem sagen zu können, wann die Endzeit anbricht, wann  und wie Jesus kommt. Ich lasse mich dann verführen von Dämonen. In 1. Kor. 10, 21 schreibt Paulus „Ihr könnt nicht aus dem Becher des Herrn trinken und zugleich aus dem Becher der Dämonen. Ihr könnt nicht am Tisch des Herrn essen und zugleich am Tisch der Dämonen.“



Jesus sagt also mit seiner ersten Antwort schon etwas über Gottes Reich und worauf zu achten ist. Für unsere Gesellschaft übersetzt kann das heißen: Lasst uns nicht falschen Propheten hinterherlaufen. Lasst uns nicht bedingungslos alles glauben, was von Politikern gesagt wird. Lasst uns nicht alles kaufen, was von der Wirtschaft als ‚Must-have’ angepriesen wird.

Wie Paulus im Korintherbrief zwei Verse weiter ausführt: „Alles ist erlaubt!« ´sagt ihr`. ´Mag sein,` aber nicht alles ist deshalb auch hilfreich. – »Alles ist erlaubt!« Aber nicht alles dient der Gemeinde.“

Wir müssen nicht dem Genderwahn verfallen.

Wir müssen nicht Pegidademonstrationen hinterherlaufen

Und wir müssen erst recht nicht die AfD und ähnlich rechtspopulistische Parteien wählen.



Jesus zweite Antwort mag dann vielleicht etwas klarer sein. Mitten unter uns ist Gottes Reich. Immerhin ist hier eine genaue Ortsbestimmung. Oder vielleicht doch nicht?



Es kommt ein wenig darauf an, welche Übersetzung ich wähle.

„das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ So übersetzt die NGÜ

„das Reich Gottes ist inwendig in euch.“ Übersetzt die Luther von 1912.

„Mitten unter euch“. In unserer Gemeinde, unserer Gemeinschaft. Da wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind. Reich Gottes findet schon statt. Da, wo Christen sich aufhalten. Wo wir als Christen uns einbringen, einmischen in die Belange der Welt.



Die Pariser Pastorin Caroline Baubérot sagt: „Was wäre es…, wenn das Reich Gottes sich weniger in einer bestimmten festen liturgischen Ordnung an den Tag legen würde, als in den herrlichen Augenblicken, wo zwei oder drei sich in Jesu Namen versammeln, um zu beten, um das Brot des Wortes unter sich zu teilen, um Nachrichten auszutauschen ? Man ist manchmal versucht, sich über die Schulter zu schauen, und das Reich anderswo zu suchen als in den armseligen Stalle, in dem wir es

alltäglich empfangen. Für mich genügt es, die Türe einer kleinen Kirche in einer Pariser Vorstadt zu öffnen, mich zu den Menschen zu setzen, die dort Gottesdienst feiern oder mit der ganzen Welt beten, um zu denken: das Reich ist wahrlich nahe.“



Ich ergänze: und nicht nur nahe, sondern tatsächlich, tatkräftig mitten unter uns.



Wobei das mitten unter uns für die damalige Zeit noch eine zweite Bedeutung haben kann: Reich Gottes, der Menschensohn, Jesus selbst ist schon mitten unter den Menschen. Aber: sie erkannten ihn nicht. Obwohl Jesus mit seinem Reden und Handeln alles erfüllt, damit Menschen das Wirken Gottes erkennen können; wir Menschen erkennen ihn nicht. „Alles, was Gott euch anzubieten hat, alle seine Geheimnisse sind gegenwärtig, doch ihr wollt sie nicht annehmen“ schreibt der Ausleger William Barclay dazu.

Müssen wir lernen noch genauer hinzuschauen?



„Inwendig in euch“ ist die andere Übersetzung. In meinem Herzen, meiner Seele. In mir drinnen. Da ist Gott. Ich kann ihn erfahren wenn ich in der Bibel lese, wenn ich wandere und nachsinne, wenn ich mich mit anderen austausche. In vielen Lebenslagen. Meine Gefühle, meine Sehnsüchte. All das ist inwendig in mir. Ist Gott. Und dadurch verändere ich mich. Werde ein anderer Mensch. Noch mal Barclay: „Das Reich Gottes bewirkt, dass der Mensch neu wird, jedoch nicht die Verhältnisse, in denen er lebt. Wir sollen also nicht auf eine Revolution der Verhältnisse, sondern auf die Verwandlung unseres Herzens warten.“



Zusammenfassend halte ich fest: Jesus, der Menschensohn, ist gekommen, um uns das Reich Gottes nahe zu bringen. Er zeigt uns, wie es aussehen kann, wie wir darin leben können. Die Ausgestaltung dieses Lebens liegt aber an uns. Sicher ist, wenn wir Jesus vertrauen, dann sind wir Teil dieses Reiches. Dann dürfen auch wir jetzt schon hier auf Erden Gottes Herrlichkeit sehen, erkennen und leben.



Pfarrer Christoph Urban drückt es so aus „Gott ist in unserem Innern, in den stillen Momenten der Einkehr. Gott ist in unserem Handeln, wenn wir uns für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen. Gott ist in unserer Gemeinschaft, wenn wir in seinem Namen versammelt sind. Drei Antworten: Da ist Gott.“



Ob das die Pharisäer befriedigt hat? Zumindest im heutigen Text wird dazu nichts gesagt. Im Gegenteil, die Pharisäer kommen gar nicht mehr vor. Jesus wendet sich von ihnen ab und seinen Jüngern zu.



Hier also der zweite Teil des Textes.

Die Beschäftigung mit seinen Jüngern



Jesus Ansprache erstaunt mich zunächst. Hat er nicht gerade davon gesprochen, das das Reich Gottes mitten unter uns ist, inwendig in uns. Und dann spricht er jetzt davon, das man sich noch danach sehnen {wird], auch nur einen Tag der Herrschaft des Menschensohnes zu erleben, aber euer Sehnen wird vergeblich sein.

Eben noch da, jetzt weg. Das scheint so unerklärlich, ja unlogisch zu sein. Und ich finde auch, dass das schwer verständlich ist.

Aber so ist das. Die Ankündigung des Reiches Gottes ist da, einige helle Momente davon können wir immer wieder mal sehen in unserem Leben. Aber vollendet ist noch nichts. Das ist unsere Hoffnung, das wird noch geschehen.

Wieder geht es um die äußeren Anzeichen. Seht dort. Seht hier. Lauft ihnen nicht nach. Wie in der Lesung gehört: „wir…sollen wach und besonnen sein“ (1. Thes. 5,6b-NGÜ) „Christus ist ja für uns gestorben, damit wir, wenn er wiederkommt, für immer mit ihm leben – ganz gleich, ob wir bei seinem Kommen noch am Leben sind oder nicht. Darum macht euch gegenseitig Mut und helft einander ´im Glauben` weiter, wie ihr es ja auch jetzt schon tut.“ (1. Thes. 5,10f-NGÜ).



Eine Aufforderung unser Leben zu gestalten. Nach Gottes Maßstäben zu gestalten. Um zum Anfang der Predigt zurückzukommen: Macht es noch Sinn sich um Dinge des täglichen Lebens zu kümmern? Wann sind die Schmerzen vorbei? Wie sieht es mit meinem Glaubensleben aus?

Diese Fragen gehören zu unserem Leben dazu. Antworten finden wir im täglichen Leben. Im Leben mit Jesus Christus. Er zeigt sich in uns, in unseren Beziehungen. Und er schenkt uns Hoffnung. Die Hoffnung auf Gottes neue Welt.



Manfred Siebald drückt es in seinem Lied so aus:

"Dann kennen wir das Wann, Warum, Wie lange und Woher,

dann quälen tausend ungelöste Fragen uns nicht mehr;

denn unsre letzte Antwort ist uns Christus unser Herr,

der uns und unsre Dunkelheit mit seinem Licht erhellt,

der unsre Sonne ist in Gottes neuer Welt."



Wann kommt also der Menschensohn?

Gestern, heute und zukünftig.

Zu allen Zeiten!



Amen



Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unseren Herrn.


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