Moin zusammen,
so schnell geht ein Jahr vorbei. Vieles ist geschehen. Fröhliches und Trauriges, Wichtiges und Unwichtiges. All das haben wir erlebt, weil Jesus noch nicht zurückgekommen ist. Dabei warten wir Christen doch darauf. Oder doch nicht?
Fröhliche Grüße
Bernd
Lieber Vater, schenk uns ein Herz für dein Wort und dein
Wort für unser Herz. Amen
Liebe Gemeinde,
„Aufmerksamkeit ist das Leben“ hat Goethe in Wilhelm
Meisters Wanderjahren geschrieben.
Ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom haben nach neueren Studien
ca. 50% aller Kinder und Jugendlichen und vermutlich noch mindestens 3% aller
Erwachsenen.
Was entgeht mir im Leben, wenn ich nicht aufmerksam bin?
Welche Schwierigkeiten birgt das vielleicht?
Vielleicht kann uns der heutige Predigttext da weiter
helfen.
Matthäus 25, die Verse 1-13. In der neuen Lutherübersetzung.
Von den klugen und
törichten Jungfrauen
1 Dann wird das
Himmelreich gleichen zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen hinaus,
dem Bräutigam entgegen.
2 Aber fünf von ihnen
waren töricht und fünf waren klug.
3 Die törichten nahmen
ihre Lampen, aber sie nahmen kein Öl mit.
4 Die klugen aber
nahmen Öl mit in ihren Gefäßen, samt ihren Lampen.
5 Als nun der
Bräutigam lange ausblieb, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein.
6 Um Mitternacht aber
erhob sich lautes Rufen: Siehe, der Bräutigam kommt! Geht hinaus, ihm entgegen!
7 Da standen diese
Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen fertig.
8 Die törichten aber
sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsre Lampen verlöschen.
9 Da antworteten die
klugen und sprachen: Nein, sonst würde es für uns und euch nicht genug sein;
geht aber zu den Händlern und kauft für euch selbst.
10 Und als sie
hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam; und die bereit waren, gingen mit ihm
hinein zur Hochzeit, und die Tür wurde verschlossen.
11 Später kamen auch
die andern Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf!
12 Er antwortete aber
und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.
13 Darum wachet! Denn
ihr wisst weder Tag noch Stunde.
Wir haben heute Ewigkeitssonntag, den letzten Sonntag des
Kirchenjahres. An vielen Stellen gibt es einen
Gedenkgottesdienst für die Verstorbenen. Und wir hören hier von einer
Hochzeit, vom kommenden Himmelreich. Passt das zusammen?
Ich finde ja. Gedenken an die Verstorbenen, Erinnerung an
die gemeinsamen guten und schlechten Zeiten, Dankbarkeit für das gemeinsam
Erlebte, Trauer über das ‚nicht mehr miteinander Teilen können’. Das gehört
zusammen mit den Gedanken über die Zukunft des eigenen Lebens, des ‚wie geht es
weiter’, ‚worauf hoffe ich noch’. Und erst Recht gehört es zusammen mit dem
Himmelreich.
Jesus nimmt hier, wie so oft, ein bekanntes damaliges
Alltagsritual als Grundlage für seine Erklärungen über den Glauben und dessen
Inhalte.
Zu einer jüdischen Hochzeit gehörte es, dass zehn
Brautjungfern mit der Braut zusammen auf den Bräutigam warten. Traditionell war
es nämlich so, das der Bräutigam die Braut zur Zeremonie abholte. Wann das
genau geschah war nie klar. Auf Grund der großen Tageshitze konnte es durchaus
sein, dass die Braut erst in der Dunkelheit abgeholt wurde. Daher rüsteten die
Brautjungfern sich auch mit Öl und Fackeln aus. Kam der Bräutigam, dann ging es
unter dem Fackelschein der Brautjungfern zurück zum Haus des Bräutigams, die
Tür wurde geschlossen, die letzten Hochzeitsgäste waren schließlich angekommen
und die Feier konnte beginnen.
Dieses Bild nutzt Jesus jetzt. Er erklärt damit das Himmelreich
und wie man hineinkommt.
Töricht und klug nennt Jesus die Brautjungfern. Zumindest in
der Lutherübersetzung. In der Guten Nachricht hört sich das etwas anders an. Da
wird von klugen und von gedankenlosen Brautjungfern gesprochen. Ich finde, das
klug und töricht auch mit vorbereitet und unvorbereitet oder aufmerksam und
unaufmerksam übersetzt werden können. Dazu gibt es viele Schattierungen, die
die beiden Wörter noch beschreiben können. Es gibt eben nicht nur klar das eine
oder klar das andere. Viele Grautöne sind dazwischen. Auch wenn es manchmal
angenehm wäre genaue Unterscheidungen zu treffen.
So gibt es auch zwei Auslegungsmöglichkeiten zum heutigen
Text. Die eine betrifft die Juden. Ganz konkret die, die zur Zeit Jesus lebten.
Da hat ihre gesamte Geschichte sie auf das Kommen von Jesus vorbereitet. Gott
hat ihnen alle erdenklichen Hilfestellungen gegeben. Und dann erkennen die
meisten Juden Jesus nicht als den Gottessohn, als den Messias. Sie sind wie die
törichten Brautjungfern, die zum entscheidenden Zeitpunkt nicht mehr genug Öl
haben. Und mal eben neues holen, mal eben Gotteserfahrung auffrischen, geht
jetzt nicht mehr. Und so stehen sie eben vor verschlossener Tür. Dürfen an der
Hochzeit, am Himmelreich nicht teilhaben. Aus und vorbei.
Jesus nimmt kein Blatt vor den Mund, setzt sich in die
Nesseln, eckt an mit seinen Aussagen. Deshalb wollen die politischen und
religiösen Führer ihn ja auch loswerden.
Soweit eine Auslegung für die damalige Zeit.
Viel wichtiger ist aber, was der Text uns heute zu sagen
hat. Ich habe eingangs gefragt: Was entgeht mir im Leben, wenn ich nicht
aufmerksam bin? Welche Schwierigkeiten birgt das vielleicht? Und das vielleicht
der Predigttext dabei helfen kann Antworten zu finden.
Für mich ist der Bibeltext ein guter Ausdruck für mein
christliches Leben. Für mein Leben mit Jesus. Wie die zehn Jungfrauen auf den
Bräutigam warte ich darauf, dass Jesus wiederkommt. Dabei wechsle ich
allerdings ganz oft die Seiten. Mal gehöre ich zu den klugen Brautjungfern, mal
zu den törichten. Mal bin ich vollkommen aufmerksam, mittendrin statt nur
dabei, mal aber eben unaufmerksam, weitab vom Geschehen, teilnahmslos.
Geht euch das auch so? Ja? Dann kann ich ja aufatmen. Ich
bin nicht allein mit meinen vielen Anfragen. Nicht nur eine Brautjungfer mit
zwei Ausprägungen, sondern viele Brautjungfern, sprich Mitchristen, an meiner
Seite.
Wie schön war und ist es doch zu Beginn des Christseins.
Endlich habe ich verstanden, dass Jesus Herr meines Lebens ist. Dass er mich im Leben nicht
einengt und bevormundet, sondern im Gegenteil frei macht von den Zwängen, in
denen ich gefangen bin, mir die Chance schenkt, würdevoll und anerkannt mein
Leben zu gestalten. Es ist keine Frage für mich seinen Ratschlägen zu folgen,
mir an seinen Taten ein Beispiel zu nehmen. Es ist auch keine Frage für mich,
ob er wieder kommt, sondern nur die Frage, wann das sein wird. Bis dahin will
ich ihm nachfolgen. Wie die klugen Brautjungfern warte ich mit Fackeln und
einem ausreichenden Vorrat an Öl. Meine Fackeln sind Gemeinschaft mit Christen,
Reden mit Gott, mein Vorrat besteht aus der Bibel, dem Wort Gottes und dem
regelmäßigen Nachdenken darüber. Ich habe überhaupt keine Bedenken, das ich die
Ankunft des Bräutigams, Jesus Ankunft, verpassen werde. Alles ist gut und
voller Vorfreude auf das große Fest, das dann folgen wird.
Und solange es in meinem Leben hell ist klappt das auch gut.
Vielleicht sogar sehr gut. Aber dann zieht doch die Dunkelheit auf. Nicht nur
beim Warten auf den Bräutigam, auch in meinem Leben. Es gibt Schicksalsschläge.
Krankheit, Verlust, Tod. Und auch wenn zunächst der Glaube hilft, manchmal wird
es dann doch zu viel. Und das Gebet nimmt ab, die regelmäßige Bibellese
entfällt, Menschen in der Gemeinde können auch nicht weiterhelfen. Und dann erlischt
die Fackel, der Vorrat ist aufgebraucht.
Dann gibt es Zeiten, in denen ist es scheinbar noch hell.
Mein Leben ist im Fluss. Vieles gelingt. Mein Lebensentwurf passt einfach.
Nichts Außergewöhnliches vielleicht, gelingender Alltag halt. Ehe, Familie,
Arbeitsplatz. Jeder von euch mag hier einsetzen, was für ihn zutrifft. Keine
allzu großen Probleme auf jeden Fall. Aber Stück für Stück entferne ich mich in
meinem Glauben von Gott. Stück für Stück baue ich mir meine eigene Bibel. So
wie Thomas Jefferson, der amerikanische Präsident, der Verse aus der Bibel
ausschnitt und zu seiner eigenen Bibel zusammenstellte. Ich übersehe dabei aber
viele Dinge, die Gott mit mir vor hat, da mir seine Anfragen nicht mehr in den
Sinn kommen. Auch hier erlischt die Fackel, wird der Vorrat aufgebraucht.
In beiden gerade geschilderten Lebensläufen hat sich etwas
verschoben. Von dem aufmerksamen, neugierigen, wissbegierigen Menschen, der
gerade Christ geworden ist, habe ich mich entwickelt zu einem gedankenlosen,
trägen, teilnahmslosen Menschen, der kaum noch etwas von dem Feuer des
Glaubenanfangs in sich trägt. Zu einem Menschen, der sein Leben nicht mehr in
Verbindung zu Gott sieht, sondern sein eigenes Erleben in den Vordergrund
stellt und meint, er wisse es besser als Gott, wie Leben zu gestalten ist.
Vielleicht haltet ihr diese beiden Lebensläufe für
überzeichnet. Natürlich sind sie überzeichnet. Aber ich denke ihr könnt
nachvollziehen, wie Leben aussieht. Mit allen Höhen und Tiefen. Auch mit dem
mal von Gott entfernt sein und mal ganz nah dran sein. Leben verläuft eben
nicht immer geradlinig. Es gibt Brüche, aber auch Brücken. So wie sich Regen
und Sonne abwechseln, so wechseln auch gute und weniger gute Zeiten sich in
unserem Leben ab. Es ist sehr, sehr selten, dass Menschen immer nur Gutes
erleben. Genau so wenig, wie sie nicht immer nur Schlechtes erleben.
Das Gute daran ist: Jesus weiß genau, wie er damit umzugehen
hat. Und er weiß, was er mir zumuten darf. Dabei nimmt Jesus kein Blatt vor den
Mund, setzt sich in die Nesseln, eckt an mit seinen Aussagen. Nicht nur zur
damaligen Zeit, sondern auch heute. So wie er damals die zwei Sorten von
Brautjungfern vorstellt und den Machthabern etwas mitteilt, so sagt er heute
damit auch etwas: Bleibe an Gott dran. Höre auf sein Wort. Folge mir nach.
Vor allem aber sagt er: Mache das jetzt. Nicht irgendwann
später. Jetzt ist die Zeit mir nachzufolgen.
Die Brautjungfern erfahren das auch. Zumindest die
gedankenlosen, törichten. Sie haben keine Chance mehr Öl nachzukaufen, bekommen
auch nichts von den anderen ab. Teilen gibt es nicht mehr oder besser teilen
geht jetzt nicht mehr. Nachfolge Jesu kann nur ungeteilt geschehen. Jeder
Mensch muss das persönlich wollen. Auf die Nachfolge anderer Christen
zurückzugreifen geht eben nicht. Ich kann mir zwar von anderen Christen etwas
abgucken, kann mit ihnen im Gespräch über Glauben sein. Aber Nachfolge selber
muss ich leben. Ich muss bedingungslos Ja zu Jesus sagen. Es gibt kein
Stellvertreter Ja. Kinder, die getauft wurden, bekräftigen das Ja ihrer Eltern
für sie, am Tag der Konfirmation. Sie machen sich fest an Gott. Persönlich.
Wenn ich also nicht zu den törichten Brautjungfern gehören
möchte, zu den Menschen, die sich immer mehr von Gott entfernen, dann muss ich
dafür Sorge tragen, das mein Vorrat an Öl, also mein Glaubensleben immer
aufgefüllt ist.
Wie das genau aussieht? Eine allgemeingültige Antwort wäre
schön, aber die gibt es nicht. Jesus hat für jeden von uns einen anderen
Lebensweg. Dementsprechend gibt es auch unterschiedliche Möglichkeiten, den
Vorrat zu füllen. Ich persönlich denke, dass Gemeinschaft mit Christen
unabdingbar ist. Der Austausch über Gottes Wort, das gemeinsame Erleben sind
Grundlagen meines eigenen Glaubenlebens. Dazu gehört die Wertschätzung
untereinander. Auch wenn wir manchmal unterschiedlicher Meinung sind, wenn
nicht alles harmonisch ist, es ist toll zu wissen, das andere Christen da sind,
die sich mit mir darauf einlassen möchten Jesus nachzufolgen. Dafür möchte ich danke
sagen. Vor allem meiner Frau und meinen Hauskreisbrüdern.
Vielleicht ist das ja auch etwas für einige unter euch. Wem möchtet
ihr danken? Wofür? Und dann macht das auch ruhig mal. Sagt danke denen, die
euch im Glauben weiterbringen. Keine Angst, das muss jetzt nicht auf der Stelle
hier im Gottesdienst sein. Aber vielleicht im Anschluss, in den kommenden
Tagen.
Dank sagen will ich auch Gott. Mit ihm reden über das, was
ich vielleicht nicht verstehe, über das, was mir das Leben angenehm macht. Gebet
sagen wir dazu. Das muss nicht immer ellenlang sein, muss nicht an Ort oder
Zeit gebunden sein. Es kann fast wortlos sein, mit eigenen Worten oder mit
vorgefertigten. Ein Psalm oder das Unser Vater zum Beispiel. Danke Herr, dass
Du mir Menschen an die Seite stellst, die mich weiterbringen auf dem Weg mit
dir.
Vielleicht ist auch das etwas für einige unter euch. Was
möchtet ihr vor Gott bringen? Vielleicht schreibt ihr es mal auf, nach dem
Mittagessen heute zum Beispiel. Und dann redet ihr mit Gott. Beim Abwasch, beim
Kaffee oder in eurem Lieblingssessel.
Das waren zwei Ideen euren Ölvorrat aufzufüllen. Und
bestimmt kommen euch noch viele andere Ideen.
Doch bei allen Ideen. Das Wichtige dabei ist, das Ziel nicht
aus den Augen zu verlieren. Es geht nicht um die Vorratshaltung alleine. Die
ist nur Mittel zum Zweck, Mittel zum Himmelreich.
Wenn wir nämlich nicht in der Nachfolge bleiben, dann bleibt
uns das Himmelreich verschlossen. Das klingt hart, aber es ist das, was Jesus
uns im Predigttext sagt. „Die Tür wurde
verschlossen. Ich kenne euch nicht.“ Jesus ist Realist. Er redet nicht um
den heißen Brei herum. Wichtig daran ist: er sagt das nicht wertend. Nirgends
wird von ihm gesagt: „Du bist es nicht wert dabei zu sein“ oder „Du hast nicht
genug geleistet für das Himmelreich“. Er unterscheidet auch nicht nach ‚klugen’
oder ‚törichten’ Menschen. Nein, nichts davon sagt er. Er stellt nur fest, das
es ein ‚zu spät’ gibt. Ein ‚zu spät’, das ganz einfach zur Seite geschoben
werden kann: „Darum wachet! Denn ihr
wisst weder Tag noch Stunde.“
Machen wir uns bewusst, dass Jesus kommt. Und da wir nicht
wissen, wann das sein wird, sollen wir so leben, dass wir nichts vor uns
herschieben. Vor allem nicht unser Ja zu Gott. Dazu fordert Jesus uns auf. Zu
mehr nicht, aber auch nicht zu weniger.
Machen wir uns bewusst, dass Jesus kommt. Denken wir daran,
dass Jesus kommt. Bei allen Plänen, die wir für unser Leben noch haben. Bei
jeder Urlaubsplanung, jedem Vorsorgeplan, ja sogar bei jeder Einkaufsliste. All
das kann durchkreuzt werden von Jesus. Weil er kommt. Wir wissen weder Tag noch
Stunde. Was wir wissen haben wir in der Lesung gehört (Offb. 21, 4). „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren
Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz
wird mehr sein.“ Das ist doch eine Perspektive, eine Hoffnung, eine
Gewissheit für die es sich lohnt die eigene Planung einstampfen zu müssen.
Also: nehmen wir uns die klugen Brautjungfern zum Vorbild. Lassen
wir uns von ihnen inspirieren für unser Glaubensleben. Leben wir unseren
Glauben bewusster und öffentlicher.
Aber vor allem: rechnen wir mit dem Kommen von Jesus.
Jederzeit.
Maranatha – Unser Herr, komm!
Amen
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere
Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unseren Herrn.
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