Moin zusammen,
Vergebung ist so ein großes Wort. Gerade im christlichen Bereich. Deshalb beschäftigen wir uns in der Ver. ev. Kgm Heckinghausen dieses Jahr über damit. Und ganz besonders in den Predigten der kommenden vier Gottesdienste.
Herzliche Einladung die nächsten Sonntage um 10.30 Uhr im Kirchsaal in der Ackerstr. 21, 42289 Wuppertal vorbeizuschauen. Dann bekommt ihr das Thema von mehreren Seiten ausgelegt.
Heute der Einstieg mit dem Gleichnis vom Schalksknecht.
Und wer nicht vorbeikommen kann, der findet die Predigten unter lebenszeichen.eu zum Nachhören.
Fröhliche Grüße
Bernd
Lieber Vater, schenk uns ein Herz für dein Wort und dein
Wort für unser Herz. Amen
Liebe Gemeinde,
eine neue Predigtreihe beginnt heute. Vier Predigten zu
unserem Jahresthema ‚Vergebung’. Heute der Auftakt mit Matthäus 18, die Verse 23
- 35 in der
Neuen Genfer Übersetzung.
Das Gleichnis vom
Schuldner, der Barmherzigkeit erfährt, aber selbst nicht gewährt
23 »Darum hört dieses
Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der mit den Dienern,
die seine Güter verwalteten, abrechnen wollte.
24 Gleich zu Beginn
brachte man einen vor ihn, der ihm zehntausend Talente schuldete.
25 Und weil er nicht
zahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und seinem ganzen
Besitz zu verkaufen und mit dem Erlös die Schuld zu begleichen.
26 Der Mann warf sich
vor ihm nieder und bat auf den Knien: ›Hab Geduld mit mir! Ich will dir alles
zurückzahlen.‹
27 Da hatte der Herr
Mitleid mit seinem Diener; er ließ ihn frei, und auch die Schuld erließ er ihm.
28 Doch kaum war der
Mann zur Tür hinaus, da traf er einen anderen Diener, der ihm hundert Denare
schuldete. Er packte ihn an der Kehle, würgte ihn und sagte: ›Bezahle, was du
mir schuldig bist!‹
29 Da warf sich der
Mann vor ihm nieder und flehte ihn an: ›Hab Geduld mit mir! Ich will es dir
zurückzahlen‹.
30 Er aber wollte
nicht darauf eingehen, sondern ließ ihn auf der Stelle ins Gefängnis werfen, wo
er so lange bleiben sollte, bis er ihm die Schuld zurückgezahlt hätte.
31 Als das die anderen
Diener sahen, waren sie entsetzt. Sie gingen zu ihrem Herrn und berichteten ihm
alles.
32 Da ließ sein Herr
ihn kommen und sagte zu ihm: ›Du böser Mensch! Deine ganze Schuld habe ich dir
erlassen, weil du mich angefleht hast.
33 Hättest du da mit
jenem anderen Diener nicht auch Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir
Erbarmen hatte?‹
34 Und voller Zorn
übergab ihn der Herr den Folterknechten, bis er ihm alles zurückgezahlt hätte,
was er ihm schuldig war.
35 So wird auch mein
Vater im Himmel jeden von euch behandeln, der seinem Bruder nicht von Herzen
vergibt.«
Ein bekanntes Gleichnis.
Und daher bin ich auch schnell mit der Auslegung zur Hand:
Gott erlässt uns Menschen unsere Schuld, wir Menschen
schaffen das im Miteinander nicht. Und deshalb können wir vor Gott nicht
bestehen.
Ein Text, der so gar nicht in das Bild des liebenden Gottes
passen will. Und ein Text, in dem das Wort ‚Vergebung’ nur ein einziges Mal, im
letzten Vers, auftaucht.
Und dann ist dieser Text der Einstieg in unsere ‚Vergebungs’
- Reihe? Müsste nicht eigentlich eine Bibelstelle am Anfang stehen, die Mut
macht? Eine Bibelstelle, die zeigt, dass Vergebung hilfreich ist?
Schauen wir uns den Text gemeinsam an. Ich habe ihn dafür in
fünf Abschnitte geteilt.
1. Vers 23
Der Einstieg ist ja Jesus Feststellung: „Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem
König, der mit den Dienern, die seine Güter verwalteten, abrechnen wollte.“
Vergebung hat also etwas mit dem Himmelreich zu tun. Und das
Himmelreich ist Gottes Reich. Das ist ganz konkret erfahrbar in unserem Hier
und Jetzt, da wo wir leben, in unserem direkten sozialen Umfeld. Familie,
Freundeskreis, Arbeitsplatz, Schule, Gemeinde, Stadtteil usw. Überall dort ist
Gottes Reich.
Oft wird davon gesprochen, dass wir als Christen an Gottes
Reich mitbauen. Das wir deshalb bestimmte Dinge tun oder auch lassen. Viele
diakonische Werke sind dadurch entstanden, dass Menschen die Not anderer
Menschen gesehen und deshalb gehandelt haben. Die v. Bodelschwinghsche
Stiftungen Bethel sind ein Beispiel dafür.
Vergebung sorgt also dafür, dass Menschen in ihrem Leben
Gottes Reich erleben dürfen. Und da Gottes Reich allen Menschen offen steht
gilt Vergebung auch allen Menschen und nicht nur einzelnen.
2. Verse 24 - 27
10.000 Talente, 50 Millionen Euro. Für den
Ottonormalverdiener eine niemals zurückzahlbare Schuld.
Kaum vorstellbar, wie der Mann diese Schulden aufgebaut hat,
noch weniger, wie er sie je zurückzahlen könnte. Und so scheint es konsequent
für die damalige Zeit zu sein, das der Mann mitsamt seiner Familie und allem
was er hat verkauft werden soll, damit der Herr wenigstens noch einen Teil
seiner Talente zurück bekommen kann.
Doch es kommt die unerwartete Wende: „Der Mann warf sich vor ihm nieder und bat auf den Knien.’ Er
bettelt um Aufschub, will alles zurückzahlen, braucht nur etwas Zeit. Und tief
im Inneren weiß er doch, dass er diese Summe niemals wird aufbringen können. Er
ist ganz und gar abhängig von der Entscheidung seines Herrn. Und der macht das
Unmögliche möglich. Er erlässt ihm seine Schuld. Unvorstellbar.
Unvorstellbar für mich materialistischen Menschen. Diese
Summe. Warum muss nicht wenigstens ein Teil zurückgezahlt werden?
Unvorstellbar für meinen Gerechtigkeitssinn. Der Mann darf
gehen, einfach so?
Unvorstellbar.
Aber es ist eben ein Gleichnis. Es sagt uns etwas über den
Umgang mit Schuld. Über Gottes Umgang damit. Denn der Herr in dem Gleichnis ist
niemand anderes als Gott. Und der Mann bin ich, bist Du.
Welche Schuld habe ich nicht alles vor Gott auf mich
geladen? Wo habe ich ihn verleugnet, wo nicht nach seinen guten Geboten gelebt?
Ich habe mich auf Kosten anderer profiliert, auf Kosten anderer gelebt. Ich
lebe ein Leben, das an so vielen Punkten weit entfernt ist von dem, was Gott
für mein Leben Gutes vorgesehen hat.
Jede und jeder hier wird bei sich selber genau wissen, wo
diese persönliche Schuld liegt.
Und doch kommt Gott trotzdem her und vergibt. Erlässt die
Schuld. Trotz der unendlichen Schuldanhäufung. Sogar seinen Sohn Jesus Christus
lässt er dafür jämmerlich am Kreuz sterben. Nur damit meine, damit deine
persönliche Schuld erlassen ist und der Weg zu Gott, dem himmlischen Vater
geöffnet ist.
Schuldenerlass, Schuldvergebung. Gottes weites Herz sorgt
dafür, dass wir leben dürfen, das wir nicht in der Sklaverei dieser Welt
gefangen bleiben. Wir sind freie Menschen dank seiner unbegreiflichen Gnade.
3. Verse 28 - 30
Jetzt leben wir also aus dieser Gnade. Wir spüren die
Vergebung Gottes am eigenen Leib. Befreit machen wir uns auf in die Welt. Doch kaum war der Mann zur Tür hinaus, da
traf er einen anderen Diener, der ihm hundert Denare schuldete. Er packte ihn
an der Kehle, würgte ihn und sagte: ›Bezahle, was du mir schuldig bist!‹
Kaum aus der Haustüre Gottes raus und schon wieder gefangen
in den alten Verhaltensmustern. Durch den eigenen Schuldenerlass hat sich ja
wirtschaftlich nichts verändert. Die Sorgen und Nöte sind geblieben.
Klar, auch hier geht es um Schuld. 100 Denare, 100
Tageslöhne, Nichts im Gegensatz zu den 50 Millionen, aber schon ein Betrag, der
weh tun kann. Vor allem dem, der sie schuldet. Also wirft er sich auf die Knie,
fleht um Geduld. Doch anders als soeben gibt es hier kein Happy End. Der Mann
erfährt keine Befreiung, im Gegenteil, er kommt direkt ins Gefängnis.
Und schon stecken wir wieder mitten im Dilemma unseres
Lebens. Wie drückt der Ausleger Barclay es aus „Das, was wir vergeben, lässt
sich nicht im Entferntesten mit dem vergleichen, was uns vergeben wird. Uns
wird eine unbezahlbare Schuld vergeben – denn die Sünde hat den Tod des Sohnes
Gottes bewirkt – und darum sollen wir anderen vergeben, wie Gott uns vergibt,
sonst dürfen wir nicht auf Barmherzigkeit hoffen.“
Schuldenerlass, Schuldvergebung. Unser menschliches Denken
und Handeln sorgt leider zu oft dafür, dass wir in der Sklaverei der Welt gefangen
bleiben. Es geht hierbei auch gar nicht darum, was uns unser Gegenüber
vielleicht angetan hat, welche Schuld er auf sich geladen hat. Damit muss er
selber leben. In der Frage um Vergebung geht es immer um mich persönlich.
4. Verse 31 - 34
Und so geht es auch weiter im Gleichnis:
›Du böser Mensch!
Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. 33
Hättest du da mit jenem anderen Diener nicht auch Erbarmen haben müssen, so wie
ich mit dir Erbarmen hatte?‹
Wie gehe ich mit Schuld um. Wie vergebe ich? Gott selbst
stellt mir diese Frage. Und ich kann sie nicht anders beantworten als mit: Ich
hätte, aber ich habe nicht.
Wenn jemand mir gegenüber Schuld auf sich geladen hat, ich
hätte vergeben sollen. Ganz egal, ob mein Gegenüber von seiner Schuld weiß oder
nicht. Erst recht soll ich vergeben, wenn mein Gegenüber zu mir kommt und um
Vergebung bittet. Ich hätte Erbarmen haben sollen.
Das das ein schwieriges Unterfangen ist steht außer Frage.
Nicht umsonst ist die Bitte „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben
unseren Schuldigern“ zentraler Bestandteil des Unser Vaters. Und nicht umsonst
ist es auch die einzige Bitte, die direkt im Anschluß in Mt 6, 14f kommentiert
wird: „14 Wenn ihr den Menschen ihre
Verfehlungen vergebt, wird euer Vater im Himmel euch auch vergeben. 15 Wenn ihr
aber den Menschen nicht vergebt, wird euer Vater ´im Himmel` euch eure
Verfehlungen auch nicht vergeben.“
Vergebung ist zentraler Mittelpunkt unseres christlichen
Lebens, unserer christlichen Gemeinschaft. Der Osnabrücker Pastor Ludwig Rühle
hat es so zusammengefasst: „Wenn wir einer Person vergeben, dann heißt das,
dass wir nicht auf der Basis mit ihr umgehen, was sie an uns getan hat, sondern
auf der Basis, was Christus für uns getan hat.“
Schuldenerlass, Schuldvergebung. Ach könnte ich als Mensch
doch ein ebenso großes Herz haben wie Gott selbst. Und wenn mir auch klar ist,
das das nie so sein wird, so kann ich zumindest jeden Tag neu versuchen danach
zu leben. Mit Gottes Hilfe und dem Wissen, das sein Sohn genau dafür am Kreuz
starb.
5. Vers 35
Und so bleibt der letzte Vers:
So wird auch mein
Vater im Himmel jeden von euch behandeln, der seinem Bruder nicht von Herzen
vergibt.
Die Mahnung für jeden Christen. Die Erinnerung für jeden
Christen. Will ich Vergebung in mein Leben einziehen lassen? Nicht nur
Vergebung annehmen, sondern Vergebung geben und leben?
Das Ganze, ohne dabei überheblich zu werden, aus reinem
Herzen. Weil ich verstanden habe, das ich ohne diese Vergebung nicht leben
kann.
Ja, ich will. Und ich weiß, dass ich dafür erst recht Gottes
Vergebung nötig habe. Ohne die Gewissheit von ihm errettet zu sein, wird es mir
schwer fallen, wenn nicht sogar unmöglich sein, Vergebung zu leben.
Schuldenerlass, Schuldvergebung. Damit gelingt christliches
Leben, Leben mit Gott.
Das war er also, unser Einstieg in die ‚Vergebung’sreihe.
Ist es ein Text geblieben, der so gar nicht in das Bild des liebenden Gottes
passen will.
Nein, das wohl nicht. Es ist ein Text mit Ecken und Kanten.
Es ist ein Text, der uns herausfordert weiter zu denken. Unser Handeln wird
hinterfragt. Lasst uns das mit in die kommenden Tage und Wochen nehmen. Auch
wenn das nicht immer leicht zu leben ist, das oft an unseren Kräften zehrt.
Aber in der Gewissheit, dass Gott es gut mit uns meint, dürfen wir das gerne
annehmen.
Gott hat nie versprochen immer der liebende Gott zu sein. Aber
er ist der vergebende Gott. Jeder der Kinder großgezogen hat weiß, das es
manchmal wichtig ist Grenzen aufzuzeigen, neue Wege zu ermöglichen. In aller
Liebe und Deutlichkeit. Genau das macht Gott hier. Und das ist gut so. Denn es
geht allein darum, mit Gott und den Menschen versöhnt zu leben. Das geht, weil
Gott mit seiner Vergebung immer wieder in Vorleistung getreten ist. Das hat
schon Jeremia erkannt. Jeremia 31,34 „Und
es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne
den HERRN«, sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß,
spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr
gedenken.“
Und deshalb ist es der Einstieg in unsere ‚Vergebungs’reihe.
Weil Gott vergibt. Und das macht Mut.
Amen
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere
Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unseren Herrn.
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