Traumwetter, endlich Sommer. Und dann wird uns der Sonntag morgen durch den Bibeltext in unserer Gemeinde madig gemacht: Bessert euch! werden wir aufgefordert. Frechheit sowas, oder? Lest selber.
Fröhliche Grüße
Bernd
Lieber Vater, schenk uns ein Herz für dein Wort und dein
Wort für unser Herz. Amen
Liebe Gemeinde,
Jeremia zum dritten.
Nach ‚unmöglich’ und ‚verrückt’ jetzt ‚ganz ohne’. Genauer gesagt
„Der Tempel ohne Gott“. Jeremia 7, 1-15. In der Gottesdienstbibel im Alten
Testament auf Seite 725
Die Tempelrede
1 Dies ist das Wort,
das vom HERRN geschah zu Jeremia:
2 Tritt ins Tor am
Hause des HERRN und predige dort dies Wort und sprich: Höret des HERRN Wort,
ihr alle von Juda, die ihr zu diesen Toren eingeht, den HERRN anzubeten!
3 So spricht der HERR
Zebaoth, der Gott Israels: Bessert euer Leben und euer Tun, so will ich bei
euch wohnen an diesem Ort.1
4 Verlasst euch nicht
auf Lügenworte, wenn sie sagen: Hier ist des HERRN Tempel, hier ist des HERRN
Tempel, hier ist des HERRN Tempel!
5 Sondern bessert euer
Leben und euer Tun, dass ihr recht handelt einer gegen den andern
6 und keine Gewalt übt
gegen Fremdlinge, Waisen und Witwen und nicht unschuldiges Blut vergießt an
diesem Ort und nicht andern Göttern nachlauft zu eurem eigenen Schaden,
7 so will ich immer
und ewig bei euch wohnen an diesem Ort, in dem Lande, das ich euren Vätern
gegeben habe.
8 Aber nun verlasst
ihr euch auf Lügenworte, die zu nichts nütze sind.
9 Ihr seid Diebe,
Mörder, Ehebrecher und Meineidige und opfert dem Baal und lauft fremden Göttern
nach, die ihr nicht kennt.
10 Und dann kommt ihr
und tretet vor mich in diesem Hause, das nach meinem Namen genannt ist, und
sprecht: Wir sind geborgen, - und tut weiter solche Gräuel.
11 Haltet ihr denn
dies Haus, das nach meinem Namen genannt ist, für eine Räuberhöhle? Siehe, ich
sehe es wohl, spricht der HERR.
12 Geht hin an meine
Stätte zu Silo, wo früher mein Name gewohnt hat, und schaut, was ich dort getan
habe wegen der Bosheit meines Volks Israel.
13 Weil ihr denn
lauter solche Dinge treibt, spricht der HERR, und weil ich immer wieder zu euch
redete und ihr nicht hören wolltet und ich euch rief und ihr nicht antworten
wolltet,
14 so will ich mit dem
Hause, das nach meinem Namen genannt ist, auf das ihr euch verlasst, und mit
der Stätte, die ich euch und euren Vätern gegeben habe, ebenso tun, wie ich mit
Silo getan habe,
15 und will euch von
meinem Angesicht verstoßen, wie ich verstoßen habe alle eure Brüder, das ganze
Geschlecht Ephraim.
Tja. Das ist mal ein Text. Der liest ganz schön die Leviten.
Also jetzt natürlich nicht uns, sondern den Juden damals. Die müssen ja was auf
dem Kerbholz gehabt haben. Nicht umsonst hält Jeremia ihnen so ziemlich alle
Verstöße gegen die 10 Gebote vor. Diebe, Mörder, Ehebrecher, Meineidige und
Götzenverehrer sind sie. Und schämen sich noch nicht mal trotzdem in den Tempel
zu gehen und Gott anzubeten. Dreister geht es ja wohl kaum. Aber Gott zeigt
ihnen, wo es langgeht. Vernichten will er sie, vernichten, wie er schon Silo, den
langjährigen Ort der Stiftshütte, vernichtet hat.
Eine wahre Zumutung also dieser Text. Da trifft die
Predigtreihenüberschrift ja den Nagel auf den Kopf: Jeremias Zumutungen.
Eine Zumutung uns am heutigen Sonntag so einem Text
auszusetzen. Da bin ich hier im Gottesdienst in dieser schönen Kirche, erhoffe
mir einen erbaulichen Gottesdienst, um Kraft zu schöpfen für die kommende Woche
und dann so was. Gut das nicht jemand wie Jeremia heute morgen am Eingang
gestanden hat. Stell dir das mal vor. „Hört Gottes Wort“ „Bessert euer Leben“.
Wir wollen hier doch einladende Gemeinde sein. Das wäre ja gar nicht damit in
Einklang zu bringen. Eine Zumutung ist das.
Ihr merkt: aufregen über den Text heute ist ganz einfach.
Aufregen ist überhaupt ganz einfach. Vor allem über die anderen. Die, von denen
da im Text die Rede ist. Weil ich, ich bin ja wohl nicht gemeint. Mach ich ja
nicht – stehlen, töten, ehebrechen, lügen und Gott verleugnen.
Aber könnte es sein, das der Jeremia vielleicht gar nicht
auf-regen sondern an-regen möchte?
Anregen nachzudenken. Darüber, wie mein Lebensstil ist.
Darüber, was für mich im Leben zählt.
Wie kommt Jeremia denn überhaupt dazu Kirchgängern (oder
damals besser Tempelgängern) solche Worte an den Kopf zu werfen? Das geschieht
doch nicht ohne Grund. Jeremia ist Prophet, ein von Gott bevollmächtigter
Mensch, der den Menschen in seiner Umgebung Gottes Wort, Gottes Wahrnehmung,
Gottes Willen sagen sollte. Nicht immer bequem, aber immer ehrlich. Denn so ist
Gott. Nicht immer nur der liebende Vater im Himmel, sondern auch der tobende,
rasende, zornige Gott, dem nicht passt, was wir Menschen so anstellen und das
auch deutlich zum Ausdruck bringt. Die Israeliten können mehr als ein Lied
davon singen.
Dabei könnte alles so einfach sein. Zehn Gebote hat Gott uns
gegeben. Zehn mal richtet er uns aus, was wir nicht nötig haben im Umgang mit
ihm, im Umgang mit unserem Mitmenschen, im Umgang mit uns selber. Was wir nicht
nötig haben wohlgemerkt. Nicht, was wir gefälligst zu tun und zu lassen haben.
Kein ‚Du darfst aber nicht’ sondern ein ‚Du hast es nicht nötig’.
Und auch durch Jeremia lässt er ausrichten, wie
gottgefälliges Leben aussehen sollte: handelt
recht einer gegen den andern, übt keine Gewalt gegen Fremdlinge, Waisen und
Witwen und vergießt nicht unschuldiges Blut und lauft nicht andern Göttern nach
zu eurem eigenen Schaden.
Wie sieht das denn bei mir aus? Halte ich mich daran?
Immer recht handeln gegen den anderen mag aus meiner
Perspektive stimmen. Aber stimmt das aus der Sicht Gottes? Das was ich für
recht halte ist vielleicht nicht immer das, was Gott für recht hält. Das ist ja
auch das Schwierige daran. Zu beurteilen, danach zu handeln, was Gott für recht
hält. Ich alleine mag das gar nicht beurteilen. Da ist es wichtig Menschen an
meiner Seite zu wissen, die ebenfalls nach den Geboten Gottes leben möchten.
Mit ihnen im Austausch darüber zu sein, was Gott möchte, wie das Auswirkungen
in meinem Leben haben kann. Nicht umsonst, denke ich, richtet Jeremia seine
Worte nicht an eine einzelne Person, sondern spricht alle Tempelgänger auf
einmal an (euer Leben, euer Tun). Deshalb brauchen wir als Christen auch die
Gemeinschaft und den damit verbundenen regelmäßigen Austausch. Deshalb wird uns
solch ein Text auch an einem Sonntag zugemutet. Wo könnten wir ihn besser hören
und darüber austauschen als an dem Ort, wo viele Christen zusammentreffen. An
dem Ort, wo Gott ewig wohnen will, wenn wir nach seinem Willen ernsthaft
fragen. Und dann ist es auch keine Zumutung mehr von Jeremia die
Schwierigkeiten, die Gott mit unserer Art zu leben hat, offen anzusprechen.
Dann ist es ein Mut machen, ein Anregen über den eigenen Lebensstil
nachzudenken. Mit anderen Christen zusammen. Sich auseinandersetzen mit der
Flüchtlingspolitik, mit dem Umgang mit Migranten, mit dem Sozialsystem unseres
Staates. Und was das für Heckinghausen, aber auch für jedes Gemeindeglied
heißt. Für dich und für mich.
Die Anfrage, ob ich nicht eher anderen Göttern wie Geld,
Gold und einem sorgenfreien Leben hinterherlaufe, als Gottes guten Geboten,
seinem Plan für mein Leben. Dieser Anfrage soll und muss ich mich stellen.
Jeden Tag neu. Denn ich bin doch genau wie die Israeliten zur Zeit Jeremias:
eingerichtet in meine Lebensumstände, eingerichtet auch in meinem Christsein.
Es geht alles seinen Gang und ich merke gar nicht, wie ich mich vielleicht auf
Abwege und Irrwege begebe. Da ist es wichtig immer wieder auf Weckrufe zu
achten. Weckrufe, die aus biblischen Texten, aus den Erfahrungen meiner
Glaubensgeschwister an mich herangetragen werden. Ich darf sie nur nicht zur
Seite schieben, überhören. Ich muss mich darauf einlassen und gewillt sein,
offen und ehrlich damit umzugehen. Dann, so denke ich, erlebe ich Gottes Wirken
in meinem Leben.
Sonntags in den Gottesdienst, vielleicht noch ein Gemeinde-
oder Hauskreis in der Woche sollte für Gott doch ausreichend sein. Das haben
sich die Israeliten damals wohl auch gedacht; und haben nicht damit gerechnet,
das Jeremia dem Wirken Gottes eine andere Sprache gibt. Eine schmerzende,
anklagende, Sprache eben. Gott ist nämlich nicht nur der barmherzige und
gnädige Gott, den wir uns doch so sehnlich wünschen. Er ist ein Gott, der auch
zornig, sogar strafend sein kann.
Das wird vielleicht gerne übersehen. Es ist ja auch
einfacher an einen ‚guten’ Gott zu glauben und im eigenen Leben unterzubringen.
Es ist einfacher damit zu leben, das Jesus für unsere Sünden gestorben ist.
Zu erkennen und anzunehmen, dass ich trotzdem weiterhin
Sünder in den Augen Gottes bin; dass ich also an manchen Stellen ein Leben
führe, das mich von Gott trennt; darauf macht mich Jeremia sehr deutlich
aufmerksam. Wenn ich als Vater meinen Kindern in der Erziehung Grenzen
aufgezeigt habe, kam das bei den Dreien auch nicht immer, eigentlich sogar sehr
selten, in dem Moment gut an. Das hat ihnen nicht gepasst und dagegen haben sie
sich aufgelehnt. Oder es klaglos hingenommen nach dem Motto: je ruhiger ich
mich verhalte desto schneller ist der Streß vorbei. Und ich ertappe mich, dass
ich mich ähnlich verhalte, wenn ich Gottes Anfragen an mein Leben höre. Als
Schöpfer hat er alles Recht mir den Spiegel vorzuhalten (mehr als ich als Vater
meinen Kindern gegenüber habe), mich aufmerksam zu machen auf die Hindernisse
in meinem Leben. Das ist für mich schmerzhaft, wirkt auf mich manchmal auch
ungerecht im Blick auf das Leben anderer. Aber es tut auch gut, das hören zu
dürfen. Eben weil ich auch die Erfahrung gemacht habe, das Gott ein gerechter
Gott ist, der mir als liebender Vater begegnet und der möchte, das mir alle
Dinge zum Besten dienen.
Wäre es wirklich toll, nur einen bequemen Gott zu haben, der
wie ein Kuschelkissen herausgeholt werden kann, wenn es mir mal nicht so gut
geht? Ist es nicht viel besser einen Gott zu haben, der auch einmal unangenehme
Dinge anspricht und alles dafür tut, damit ich ein erfülltes Leben führen kann?
Was wäre das für ein Tempel, eine Kirche ohne Gott? Eine
nutzlose Hülle, nur damit ich mich wohlfühlen kann in meinem Leben. Damit ich
wohlig eingerichtet bin.
Das aber ist und kann nicht Ziel meines Lebens sein. Ich bin
mir klar darüber, dass Gott, der mich geschaffen hat, ein anderes Ziel für mein
Leben vorgesehen hat. Das Ziel ewigen Lebens mit ihm. Immer und ewig will er
bei mir wohnen. So hat er es versprochen. Schon damals durch Jeremia. Und erst
recht durch Jesus Christus, seinen Sohn, unseren Herrn.
Amen
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere
Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unseren Herrn.
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